Mittwoch, 30. Mai 2012

Victoria Falls

Mosi-oa-Tunya - the smoke that thunders nennen die Einheimischen die Wassermassen, die ein paar Kilometer weiter den Fluss herab in die Tiefe stuerzen. Das ist tatsaechlich eine ziemlich akkurate Beschreibung - dazu aber gleich mehr. Der Morgen beginnt naemlich erstmal mit Fruehstueck und einem kleinen Aufreger. Das Fruehstueck gibt es a la Carte statt Buffet, weil nicht genuegend Leute im Hotel/Camp sind. Mein Zelt ist das einzige hinten im Camp, ausser den Luxuszelten mit Betrten darin, die immer dort stehen. Waehrend ich meine Ruehreier und den Instantkaffee verspeise, erklaert mir meine Tour, dass unser Ausflug zu den Wasserfaellen heute stattfindet - weil Michael moeglicht schnell nach Simbabwe will. Der einfache Parkeintritt von 20 Dollar ist in unseren Reisekosten inbegriffen. Rob sagt, er will uns um 10 im Park absetzten und eine Stunde spaeter wieder abholen. Ich blinzle. Eine Stunde? Fuer den ganzen Park? Sorry, aber wir haengen vier Tage hier in Livingstone, und kriegen eine Stunde an der Hauptattraktion? Ich erklaere, dass ich den ganzen Tag bleiben will. Rob erklaert, das koenne ich gern machen, muesse dann aber ein Taxi zuruecknehmen fuer 10 Dollar, und Busse gibt es nicht. Das nervt mich schonmal gewaltig - aber wird es wohl wert sein.
Um 10 jedenfalls bekomme ich meine Eintrittskarte in den Park in die Hand gedrueckt und gehe auf Entdeckungstour. Das ist ein grosses Highlight fuer mich. Die Victoriafaelle sind weniger zugebaut als die Niagarafaelle - um die Faelle selbst herum gibt es ausser der grossen Eisenbahnbruecke und ein paar diskreten Hotels stromaufwaerts keine komiscyhen Aussichtstuerme oder andere Dinge, die die urspruengliche Naturattraktion stoeren. Das ist gut. Dafuer allerdings muss man Eintritt zahlen, ok. Man sieht den "smoke" schon von weitem, und das "thundern" hoert man ebenfalls. Der Zambesi fuehrt sein Maximum an Wasser, und die Gischt spritzt ueber die volle Breite der Faelle in die Hoehe. Die volle Breite, das sind ueber anderthalb Kilometer, von denen, wie mir stolz erklaert wird, etwa zwei Drittel auf der sambischen/sambianischen/sambi-Seite liegen (die Leute hier unterscheiden der Einfachheit halber die "Zim"- und die "Zam-Seite", also werde ich das mangels Kenntnis des korrekten deutschen Austrucks auch tun). Der Park der Zam-Seite - anders als ich dachte - beginnt ein Stueck stromaufwaerts, bietet dann einen seitlichen Blick auf die Fallkante, von wo aus man sicherlich die ganze Laenge des Wasservorhangs entlangblicken koennte, wenn die Gischt nicht waere, und dann einiges an spannenden Kraxelwegen auf der anderen Seite der Schlucht, in die der Zambesi hineinkracht. Letzteren Teil besuche ich zuerst. Ich packe mich gut ein in meine Regenjacke, die ich fest ueber den Rucksack ziehe, und stecke meine neue Kamera in zwei Lagen Plastiktuete, die ich gut verschliesse, bevor ich das Buendel in die Tasche meiner Regenjacke packe. Am Eingang zu diesem teil des Parks verleihen sie Regenzeug, aber die Leute , die zurueckkommen, sehen nicht so aus als haette das sehr geholfen. Ich werd also so oder so nass, na gut. Auf dem Weg zur Knife Edge Bridge kommen die ertsen Tropfen, dann regnet die Gischt wie ein massiver, kalter Tropensturm auf mich nieder. Man steckt mitten in den Naturgewalten fest, patschnass, sieht nichts, hoert nur das laute Grollen des Wasserfalls und kaempft sich voran durch den dichten Regen. Smoke that thunders all right! Bei der Knife Edge Bridge (man konsultiere Google) handelt es sich um ein spannendes Konstrukt einer Bruecke ziemlich auf der Kante der dem Wasserfall gegenueberliegenden Klippe. Das Ganze muss man sich so vorstellen - anders als z.B. in Niagara, wo das dem Wasserfall gegenueberliegende Ufer aka Kanada gut ueber hundert Meter vom Wasserfall entfernt liegt, sind es hier vielleicht hoechstens 20. Der Zambesi faellt seine runt hundert Meter tief in eine breite Schlucht, die in der Mitte einen schmalen Ausgang in eine Art Canyon hat. Dort, wo kein Ausgang ist, stehen 100 Meter hohe, gruen bewachsene Felsbrocken mit senkrechten Steilkuesten dem Fall gegenueber, und auf dem rechten Fluegel davon turne ich grad rum. Der linke Fluegel ist die Zim-Seite. Die ganze Sache unterteilt sich in zwei Huegel, die in der Mitte durch eben diese Knife Edge Bridge verbunden sind, sodass man (abgesehen von der Gischt) auf der einen Seite die gesamte Schlucht hinunterblicken kann, in die der Wasserfall donnert. Dummerweise herrscht auf dieser Bruecke eben Monsun. Das fuert auf dem Hinweg dazu, dass einem etwa 10 cm hohes Wasser die leicht abschuessige Bruecke hinab entgegen fliesst. Durch den staendigen Regen ist die Bruecke algenbewachsen und glatt - was nicht angenehm ist, allerdings ist die Bruecke durch das Gelaender wahrscheinlich der bessere Ort um hinzufallen. Die meisten anderen Wege auf dem Felsen herum sind etwa einen halben Meter breite, nasse gepflasterte Wege, knapp zwei Meter von der Kante einer 100m tiefen Schlucht entfernt und nur durch eine knapp kniehohe Kette davon abgetrennt. Wenn ihr unter Hoehenangst leidet - kommt nicht hierher. Ich jedenfalls kaempfe mich erstmal ueber diese Bruecke. Das ist echt der Wahnsinn, neben den irren tosenden Wassermassen so nah daneben. Das etwa ist ein Erlebnis, das man in Niagara so nicht haben kann. Dafuer kann man hier nicht unten an den Fuss der Faelle wie mit der Maid of the Mist, schade. Ich will die beiden gar nicht so arg vergleichen, aber es draengt sich einfach auf. Eine Weile bleibe ich in der Mitte stehen, einfach um mir der Naturgewalt bewusst zu werden. Ich bin inzwischen natuerlich nass. Und zwar sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Regenjacke. In meinen mit Gummizug verschlossenen Aermeln haben sich von innen Pfuetzen gebildet - aber meiner Kamera geht es gut. Durch die beiden Plastiktueten hindurch versuche ich einigermassen meine Eindruecke einzufangen, aber das einzige, was sie einfaengt, ist, wie nass es ist und wie wenig man sieht. Doch je nachdem wie der Wind steht weht die Gischt auch mal kurz weg und gibt den Blick auf den Teil der Faelle frei, die der Bruecke gegenueberliegen.
Auf der anderen Seite bewege ich mich erstmal auf die Rueckseite der Klippe von den Wasserfaellen weg, um meinen Rock auszuwringen und das Wohlbefinden meiner Kamera abzusichern. Die ist aber furztrocken geblieben, das ist gut. Die Wege hier auf der Seite sind nicht weniger nah an dert toedlichen Kante (ich nehme aber an, man muss sich schon echt doof anstellen um tatsaechlich zu fallen). Man hat einen guten Blick in den Canyon auf der anderen Seite und die darueberfuehrende Eisenbahnbruecke, die die beiden Staaten verbindet. Andere Reisende und ich nutzen die Gelegenheit fuer ein Paar schoene, trockene Fotos. Einen Vollkreis-Regenbogen gibt es da beispielsweise zu bestaunen. Doch dann zieht es uns doch alle zurueck in die Gischt und ins Angesicht des Wasserfalls. WOW. Mehr kann ich nicht sagen. Ich sehe zu keiner Zeit mehr als vielleicht 300 Meter der Gesamtbreite, und diemals ganz hinunter, aber WOW.

Zurueck aus dem nassen Teil des Parks preise ich erstmal meine Geistesgegenwart, ersatzklamotten mitgebracht zu haben. Mein Rucksack ist unter der Regenjacke trocken geblieben, meine Unterwaesche leider nicht. Ich ziehe mich auf der Toilette um, und mir ist echt kalt. Dann draussen wieder obligatorische Fotos, dann gehe ich zum relaxen stromaufwaerts vor die Fallkante, dorthin, wo der Zambesi noch ruhig dahinplaetschert mit ein paar schoenen schilfbewachsenen Inseln, Steinen und Baeumen mitten darin (es wachsen sogar Baeume direkt auf der Fallkante und halten sich da, sieht stark aus!). Meine nassen Klamotten haenge ich zum Trocknen auf (dauert etwa eine halbe Stunde, dann ist alles wieder trocken) und spaziere ein bisschen den Fluss hinauf. Der Eindruck ist ein ganz anderer. Man sieht die Fallkante, den dahinter aufsteigenden Gischtnebel und die bibbernden Leute auf der anderen Seite.
es gibt einen dritten Bereich des Parks weiter hinten, der gross mit "beste Fotogelegenheit" beschildert ist - der fuehrt auf der anderen Seite des Canyons entlang, sodass die Felsen mit der Knife Edge Bridge von dort aus gesehen quasi vor dem Wasserfall stehen. Man sieht also auch hier eigentlich bloss die Gischt, und dann den Ausgang zwischen den Felsen, wo der brodelnde Zambesi sich in einer Linkskurve (von hier aus) in den Canyon ergiesst. Durch diese Luecke kann man ein Stueck der Faelle in voller Hoehe erkennen. Ausserdem blickt man - wiederum vom Rand einer Steilkueste aus - hinab in den Canyon. Die Seite, die der Zambesi nicht durchfliesst, ist ziemlich gruen. Im Schatten und der Gischt der Faelle, also quasi staendigem Regen, hat sich dort unten ein eigenes Oekosystem entwickelt, ein ziemlich gescheiter Regenwald. Man kann Stufen in den Canyon hinuntersteigen und das Ganze aus der Naehe betrachten - das mache ich als naechstes. Dies ist zum Glueck mal nicht steil, sondern ein netter und sicher aussehender Abstieg. Unten wird es heiss-feucht, es wuchern Palmen, Lianen und anderes Urwaldgruen un die Hoehe, waehrend man am oberen Rand noch die butnen Blatter der trockenen Herbstflora oben erkennt. Am Hang tummeln sich eine Horde Affen, darauf aus, den Touristen Essen zu klauen (manchmal erwischen sie dabei eine Kamera, und dann sind sowohl Affe als Besitzer sehr enttaeuscht). Schreiend huepfen und hangeln sie sich ueber den Fussweg, tragen ihre Babys herum oder den lausenden Partner auf dem Ruecken. Die Luft ist schwer und feucht, und von der Seite fliesst ein schmales ERinnsal kalten Wassers ueber den ueberwucherten Grund des Canyons, unter dem Weg hindurch, und verschwindet sogleich im Dickicht. Das ist echt mal ein regenwald - man fuehlt sich wie in einem ueberdimendionierten Tropenhaus - nur das hier ist echt. Das Ende des Pfades sind die Ufer des Zambesi - wieder recht ruhig nach dem 1000m-Sturz und dem Weg durch den engen Ausgang aus der Schlucht, aus der es gewaltig dampft. Eine Gruppe deutscher Frauen mit ausschliesslich Soehnen hat sich hier unten zum Picknick versammelt, und ich setze mich ein Stueck weiter dazu. Man sieht von hier die Eisenbahnbruecke nach Simbabwe, den Ausgang der Schlucht mit einem Fitzel Wasserfall rechts, den Urwald hinten und die trocken, sonnigen Klippen oben, ganz absurde Kombination. Ich mache meine Mittagspause und krabble dann die Treppen wieder hinauf, nicht ohne einen kleinen Ausflug per Waten durch das Rinnsal, wobei ich nicht weit komme. Oben im Zambesi schwimmen Krokodile, das weiss ich. Ich bin mir nicht sicher, ob die bloed genug sind, ueber den Wasserfall geschwemmt zu werden, aber wenn, dann wuerden sie es nicht ueberleben (es liegen aber keine platten Krtokodile hier rum, also werden sie vielleicht doch nicht druebergespuelt), deshalb nehme ich nicht an, dass in dem Rinnsal irgendetwas Gefaehrliches lebt.
Oben angekommen ist mir heiss. Ausserhalb der Gischt sind hochsommerliche Temperaturen angesagt und keine Wolke am Himmel. Ich kaufe mir ein Wasser am obligatorischen Kiosk und unterl\halte mich nett mit ein paar Zims und Zams. Dann beschliesse ich, mich ein zweites Mal durchnaessen zu lassen, weil mir heiss ist und es so klasse war. Das mache ich dann auch, und verbringe nochmal eine ganze Weile in der schieren Naturgewalt. Diesmal kriege ich ein paar mehr Fotos hin. Die besten aber bekomme ich von der Seite der Faelle - ab und an leasst der Wind es zu, recht weit die Front entlang oder in die Schlucht bis zum Boden hinunterzublicken.

Fazit ist, die Faelle sind Bombe. Wirklich toll. Ich bin ja ein Fan solcher Naturphaenomene, und das ist echt ein besonders tolles. Die Geographie an und um die Faelle ist einzigartig, und ich wuenschte, ich koennte rueber auf die Zim-Seite und das Ganze nochmal von dort betrachten - man soll die Faelle besser sehen konnen. Nun gut, wenn man in der Trockenzeit kaeme, wuerde man auch die volle Breite sehen (und in diesem irrsinnigen Devil's Pool schwimmen koennen, wenn man denn wollte), aber dann kommt eben auch nur ein duennes Rinnsal Zambesi ueber die Faelle und nicht die volle Droehnung wie jetzt. Wird wohl beides seine schoenen Seiten haben... In jedem Fall war der Besuch des Parks ein Highlicht. Als ich ihn bedauernd verlasse, ist es bereits nach vier. Ich mache mich auf den Weg ins Niemannsland zwischen der Zim und Zam Grenze um die Eisenbahnbruecke zu sehen. Zambia gibt mir einen Zettel, denn ich dem Grenzposten geben soll, dann kann ich durch. Es ist ein einigermassen langer Weg auf die Bruecke. Auf der anderen Seite sieht man die kuenstlichen Wasserfaelle fuer das Kraftwerk und weiter den Canyon hinunter, der durch den staendigen Ruckzug der Faelle gebildet wurde. Die Bruecke selbst ist ziemlich hoch, und wachelt jedes Mal, wenn ein LKW darueber fahert, was oft passiert und immer nur in eine Richtung moeglich ist (in der Mitte hockt eine Angestellte mit Regenschirm und dem entsprechenden Stop- and Go-Schild). Der Blick hinunter jedoch ist klasse, man kann nochmal den Wasserfall zwischen den Felsen erblicken, den Regenwald von oben, die Knife Edge Brige und die darauf rennenden Leute, und in die andere Richtung weit den Canyon hinunter blicken. Dort unten findet White Water Rafting statt, das supergut sein soll, und von der Bruecke springen ein paar irre Leute Bungee in den Canyon. Ich uebertrete die offizielle Grenze nach Simbabwe, reise aber natuerlich nicht ein - das wuerde teuer. Ich kann sogar bis auf die andere Seite der Bruecke laufen, doch das eroeffnet leider keine neue Ansicht der Wasserfaelle, schade. Die Bungee-Crew macht ihre Spaesse mit mir.
NAch einem sehr erfuellten Tag latsche ich zurueck zum Parkplatz des Parks, in der Hoffnung ein paar Leute zu finden, um sich das laestige Taxi zu teilen. Leider habe ich kein Glueck, lungere aber so lange herum, bis ein paar Locals, die fuer ein Luxushotelshuttle arbeiten, Mitleid bekommen und mich mitnehmen. Wir fahren dann nochmal ueber die Eisenbahnbruecke, um einen davon in Zim abzusetzen, den anderen bringen wir zum Royal Livingstone Hotel. Ich steige dort aus, um mir das mal kurz genauer anzuschauen. Mensch, ich moechte reich sein und nochmal hierher kommen. Auf der Wiese draussen stehen bestimmt 50 weiss eingedeckte runde Tische fuer eine Hochzeitsfeier, ein grosses Buffet, und viele herrliche Holzterassen, die inden Zambesi hineingebaut wurden, nur wenige mal zehn Meter vor der Fallkante mit entsprechend herrlichem Ausblick.

Das Shuttle wird dann auf deinen Nachtparkplatz gebracht und der Fahrer bringt mich mit deinem privaten Auto zurueck ins Camp. Einen Drink oder so zum Dank weill er nicht. Dafuer investiere ich die gesparten 10 Dollar Taxigeld in ein echt gutes Haehnchenschnitzel mit Salat. Dann telefoniere ich mit meinem Freund daheim. Gelungener Tag von vorne bis hinten.
Es ist kalt, und ich stehe bestimmt eine halbe Stunde unter der heissen Dusche, bevor ich mich ueberwinde, sie auszumachen und ins Zelt zu kriechen. Ich habe ne Menge Alptraeume, die alle mehr oder weniger einen Fall von den Felskanten in die Schlucht involvieren und schlafe auch deshalb, hauptsaechlich aber wegen des kuehlen Bodens nicht besonders toll.
Das Fruehstueck am naechsten Tag hat dann Buffetform, denn es sind viele Trucks in den fruehen Morgenstunden eingetroffen. Darunter mein neuer - "the Pig". Fahrer Dennis, den ich als erstes treffe, ist schonmal cool. Wir werden zu dritt sein auf unserer Fahrt nach Jo'burg, das ist schonmal cool, denn ich hatte befuerchtet mich kompett umstellen zu muessen und zu einer 22er-Gruppe zu stossen oder so. Zum Glueck nicht. Die andern beiden sind Paula, eine 27jaehrige Brasilianerin, mit der ich mich auf Anhieb super verstehe, und Siobhan, etwas juenger als ich, aus Australien, die ebenfalls einen netten, wenn auch weitaus zurueckhaltenderen Eindruck macht. Da kann schonmal nichts schief gehen.
Wir werden uns spaeter kennen lernen muessen, denn ich fahre mit dem (kostenlosen) Hotelshuttle um 10 Uhr nach Livingstone rein (und, auch wenn es heisst man muesse mal wieder ein Taxi zuruecknehmen, komme mit dem Fahrer ueberein, dass er mich auf seiner 14 Uhr Tour wieder einsackt). Leider sind vier Stunden in Livingstone ungefaehr dreieinhalb zu viel. Es gibt wirklich nichts zu tun! Ok, ich gehe in den Supermarkt und kaufe ein, damit ich nicht dauernd ins teure Hotelrestaurant muss, was jetzt auch nicht die beste und umfangreichste Speisekarte hat. Und dann? Ich suche Postkarten, finde aber keine. Stattdessen kaufe ich immerhin Briefmarken. Ich gehe auf einen Kunstmarkt, der nervig ist wie alles andere, was Touristenkram verkauft, sodass man keine 2 Sekunden aus dem Augemnwinkel auf etwas schielen kann, ohne dass einem 10 aufdringliche Leute das Zeug verkaufen wollen. Sie wollen hallo sagen und die Handschuetteln, ziehen einen dann ander Hand in den Laden, und ich werde, fuerchte ich, etwas unleidlich und gehe wieder, ohne etwas zu kaufen. Dann treffe ich zum Glueck ein suedafrikanisches, aelteres Paerchen, die auch mit dem Shuttle gekommen waren und nichts zu tun wissen, und wir hocken uns in ein nettes Cafe, machen eine Cappucchinopause vom Instantkaffee der letzten Wochen und Monate und unterhalten uns ganz nett (das andere suedafrikanische Paar vom Abend zuvor war allerdings netter. Meinten, se wuenschten, ihre Tochter sei wie ich, das ist doch ein Kompliment? Ausserdemsagten sie, ich solle in Johannesburg bloss gucken, dass ich den Tag am Flughafen verbringe, das sei das Spannendste, was es dort zu sehen gaebe. Ich hinterfrage die Entscheidung, direkt nach Tourende abzufliegen, jetzt immerhin nicht mehr).
Am Nachmittag ist Zeit, die neuen Mitglieder der Tour und deren bisherige Mtreisende besser kennen zu lernen, was nett ist. Wir verbringen den restlichen Nachmittag schwatzend am Pool, und ich freue mich ueber die Gesellschaft netter Leute. Und das sind sie wirklich. Eine Koreanerin feiert Geburtstag und es gibt Kuchen und eine kleine Feier. Dann das Pre-Departure-mMeeting mit der neuen Crew. Die eroeffnet mir leider, dass wir nicht ueber die Drakensberg-Mountains fahren wie erhofft (ein Streckenabschnitt, auf den ich mich gefreut hatte), weil der Truck die Berge hinauf zu lange brauchen wuerde. Ich sag euch, geht auf keine organisierten Touren, wenn ihr es vermeiden koennt. Ih freue mich, irgendwann mal mit nem PKW durchs suedliche Afrika zu touren und seolbst zu entscheiden, wo ich lang fahre und wie lange ich wo bleibe.
Wir gehen alle frueh schlafen an diesem Abend. Nachts wache ich mit Schmerzen beim Atmen auf. I(ch waelze mich eine Weile hin und her, bevor ich auf die Idee komme, mich aufrecht hinzusetzen. Das hilft. Bissel Angst habe ich trotzdem - wenn es in Suedafrika noch kaelter wird, will ich keine Lungenentzuendung kriegen! Ich fuelle mir zwei Wasserflaschen mit kochend heissem Wasser und nehme die mit in den Schlafsack. Das hilft.

Am dritten und letzten Tag wache ich frueh auf ud packe meinen Krempel in den neuen Truck - denn heute sollte ich offiziell umziehen. Das geschafft inspiziere ich das neue Fahrzeug. Es hat Vorteile gegenueber dem anderen, z.B. sind Fahrer- und Passagierkabine verbunden, man kann also reden, und die Frotfenster der Passagierkabine, die ueber das Fuehrerhaeuschen hinwegblicken, sind nicht vergittert, und man hat einen schoenen Ausblick. Da wir nur zu dritt sind, koennen wir ausserdem alle vorne sitzen.
Die meisten Leute gehen heute irgendwelchen Aktivitaeten nach. Ich hab mich inzwischen dagegen entschieden, weil einfach alles so dermassen ueberteuert ist, dass es mir die Laune verdirbt und ich es irgendwie auch boykottieren will. Raften (130 Dollar) gehen die Maedels heute morgen, nen halben Tag lang, soll gut gewesen sein. Wir schauen uns die Bilder und Videos an, die man fuer 60 Dollar extra kaufen muss. Eindere gehen auf eine Nashorn-Walking-Tour (90 Dollar), wieder andere machen ein Adrenalinpack mit einer 50-Meter-Schaukel durch den Canyon etc (140 Dollar). Das einzige, was ich gern machen werde, sind Aktivitaeten, die mich der Hauptattraktion dieses Ortes naeher bringen - dem verdammten Wasserfall. Doch da gibt es nur den 15-Minuten-Helicopter- oder Microlight-Flug, und der kostet auch 150 Dollar. Und man darf seinen Fotoapparant nicht mitnehmen. Bloedmaenner. Selbst der Zambesi-Dinnercruise heute Abend wuerde sich nur lohnen, wenn ich hartgesottener Alkoholiker waere und das all-you-can-drink-Angebot ausnutzen wuerde. Ergo mache ich einfach nichts - fahre aber mit meiner neuen Reisegefaehrten Paula und ein paar anderen mit zurueck auf die Bruecke zum Bungee (120 Dollar, Taxi extra). Dort verbringen wir eine Weile und schauen etwa 12 Leuten, incl. Paula, beim Springen zu. Gruselig, wirklich. Das ist so ungefaehr die eine Sache, die ich nie machen wuerde. Fallschirmspringen ok, aber Bungee? Und dann in einem Land ohe TUV? Fuer 120 Dollar? Irrsinn. Aber schoen, die Leute haben Spass. Ich treffe einen gleichgesinnten Angstschisser, der auf seine Begleitung wartet und sehr nett ist.
Auf dem Hinweg hatte die Gruppe mich beinahe zurueckgelassen, weil nur 4 Leute mit ins Taxi duerfen. Die fuenfte - das war ungefragt ich - haette bleiben muessen. Aber ich hab mich durchgesetzt, deshalb hat mich der Taxifahrer dann doch mitgenommen und nur kurz vor der Polizeikontrolle rausgelassen, um zu Fuss ueber die Grenze zu laufen. Um uns den Spass auf der Rueckfahrt zu ersparen, nehme ich das Angebot an, mit Mr. Angstschisser (Tom), und dessen Freundin (nicht Partnerin) Ellie zurueckzufahren. Ellie arbeitet als Geologin in Sambia und hat ihr eigenes Auto. Wir trinken auf den Flussterrassen unseres Camps eine Cola (die beiden laden mich ein) und ueberfliegen - ich zum zehnten Mal - die kurze Speisekarte. Seufzend erklaerend, dass wir hier quasi festsitzen, nur mit dem Taxi rauskommen (teuer!), es nur dieses Restaurant gibt und ich echt Lust auf was Indisches oder thailaendisches haette, beschliessen die beiden kurzerhand, dass sie das genauso sehen und nehmen mich mit in ein schoenes indisches Lokal in Livingstone - mit weissen Tischdecken, stoffueberzogenen Stuehlen, und einer Managerin, die zwei mal kommt und fragt, ob es uns auch wirklich gut geht. Tut es - das Essen ist toll und eine willkommene Abwechslung.
Zurueck im Camp ist Michael wieder aufgetaucht, der offenbar eine tolle Zeit in Great Zimbabwe hatte und dementsprechend gut drauf ist - obwohl seine Kamera die Victoriafalls nicht ueberlebt hat. Afrika ist echt kein Land fuer Kameras scheint es.
Morgen um acht fahren wir dann nach Chobe in Botswana, dort steht eine mehrstuendige Bootsfahrt auf dem Fluss an mit vielen Gelegenheiten, Tioere zu beobachten. Darauf freue ich mich. Nach dem indischen Essen bin ich so kaputt, dass ich am liebsten gleich ins Bett will. Doch ich habe noch dreissig Minuten prepaid-Internet zu verbrauchen, und ausserdem muss ich mit dem Blog weiterkommen, bevor der Enthusiasmus des Wasserfallbesuchs soweit zurueckliegt, dass er zwischen den Zeilen nicht mehr erkennbar ist. Ich hoffe, das ist noch nicht der Fall.
Ich bereue uebrigens nicht, keine der komischen Aktivitaeten gemacht zu haben, die hier angeboten werden. Rafting wird woanders moeglich sein, der Flug ueber die Faelle vielleicht irgendwann, wenn ich mal mit mehr Geld hierhin zurueck kommen sollte. Und meinen Dinnercruise werde ich morgen haben. Immerhin habe ich jetzt das Geld gespart, was mich die Kamera gekostet hat - und die Hauptattraktion Livingstones, die Wasserfaelle, habe ich bis zum Maximum ausgekostet. Dafuer war ich immerhin hier. Das naechste Mal dann von der Zim-Seite und bei Niedrigwasser. Mit Freund, hoffentlich. Und ohne organisierte Tour.
Vic Falls war also super. Und ich hoffe (und glaube tatsaechlich), dass die letzte Woche der Tour jetzt die beste wird. Sobald wie moeglich werdet ihr hier lesen koennen, ob ich mit dieser vermutung richtig liege.
Bis dahin wieder einmal letzte Gruesse aus einem Land - diesmal Sambia! Kommt alle her, es lohnt sich!

Sonntag, 27. Mai 2012

Chipata - Lusaka - Livingstone

Drei Tage quasi pausenlos im Bus - das ist die Bilanz der letzten 72 Stunden. Am Anfang beginnt es noch ganz ruhig. Der Malawisee liegt vor mir wie ein grosser blauer Spiegel, schimmernd und klar. Gegen neun wollen wir das Camp verlassen. Obwohl es noch frueh am Morgen ist (ich habe mal wieder draussen geschlafen und bin noch vor sieben von den Reinigungskreaften und der Sonne geweckt worden, aber immerhin nicht von der Sprinkleranlage wie nach der ersten Nacht) und dementsprechend frisch, ist der See so einladend, dass ich mich zu einem fruehen Bad hinreissen lasse. Das Wasser ist angenehm warm und ich bin die erste, die sich an diesem Morgen hineinwagt. Ich beschliesse, einfach so lange darinzubleiben, bis die Aussentemperaturen das Verlassen des Wassers angenehm machen. Anders als in den letzten drei Tagen geht heute kein Lueftchen, keine einzige Welle kraeuselt die Wasseroberflaeche, und um meine Fuesse sammeln sich einige bunte Fische, die ich problemlos von Ueberwasser scharf erkennen kann. Heute waere ein toller Tag zum Tauchen gewesen, verdammt. Aber so ein bisschen relaxter Fruehsport ist auch nicht schlecht. Die Sonne steht noch nicht allzu weit ueber dem Horizont, ein paar andere Reisende machen Yoga am Strand, die Fischer sind schon lange draussen auf dem Wasser - herrliche Morgenstimmung (ich bin kein Morgenmensch, ueberhaupt nicht. Wenn ich kann, verschlafe ich den gesamten Vormittag und lege meine Hauptarbeits- und Wachphase in die erste Nachthaelfte. Aber bei dieser Atmosphaere hier koennte man fast in Versuchung kommen, oefter vor Sonnenaufgang aufzustehen.... vielleicht). Ich schwimme ein paar Bahnen rauf und runter und mache ein paar komische Gymnastikuebungen in Antizipation der langen Fahrtage, die vor uns liegen. Als ich das Wasser verlasse, bin ich ein bisschen wehmuetig - das ist der letzte Strand fuer diese Reise, und der letzter Blick uebers Meer. Jetzt aber nix wie unter die warme Dusche. Die sind hier wirklich "warm" - und zwar so, dass man sich ziemlich verbrueht, denn das Wasser kommt kochend aus der Leitung und kaltes laesst sich nur begrenzt zumischen. Aber nach einer Weile gewoehnt man sich dran. Jetzt geniesse ich die heisse Dusche nach dem kuehlen Bad. Nach dem Fruehstueck wird zusammengepackt. Nach einer kleinen Schrecksekunde (Michaels Kamera mit meinen Fotos drauf war in eine Sitzfalte gerutscht und wir haben sie nicht gefunden) machen wir uns auf den Weg.

Der Abend zuvor war nicht besonders spannend gewesen. Die Plastiktruckmaedels und andere Trucks waren abgefahren, und ich habe zwar eine nette Australierin und Kanadierin kennen gelernt, aber es war nicht mehr viel mit Party in der Bar oder netten Gespraechen am Strand im Vergleich zu den Abenden davor. Stattdessen war mir ziemlich kalt. Wir waren mal wieder zum Essen eingeladen worden (diesmal Grillhaehnchen mit Roestkartoffeln) und ich hatte fast die ganze Zeit am Feuer verbracht und mich sofort danach in alles, was ich an Fleeceklamotten dabei hab gepackt in mein Schlaflager verzogen. Der Morgentau, der ueber Nacht meinen Schlafsack ziemlich durchnaesste, gibt mir Recht, dass es wohl tatsaechlich kuehl war.
Und dann beginnt Tag eins des grossen Streckemachens. Den finde ich noch super. Ich hocke auf dem Tisch einer Sitzgruppe im Truck und betrachte stundenlang nur die herrliche Landschaft draussen. Die meiste Zeit davon verbringe ich mit Winken - so viele Menschen am Strassenrand lachen und winken uns (das heisst mir, denn sonst ist ja niemand da) zu und ich will niemanden auslassen. Malawi aendert sein Gesicht gegenueber den bisherigen Eindruecken nicht mehr. Es ist weiterhin diese liebliche Landschaft, teils huegelig bis bergig, dazwischen wieder flach zum See hin abfallend, mit bewirtschafteten Feldern und strohgedeckten Haeusern mit gepflegten Vorgaerten und lachenden Menschen. Ich habe gelesen, dass die Lebenserwartung hier die weltweit geringste ist - nur Mitte dreissig sollen die Leute hier werden. Das ist tragisch, angesichts dessen wie schoen und sauber es hier aussieht. Ich kann mich jedenfalls kaum sattsehen und reize die miesen Batterien von Michaels Fotoapparat bis zum Maximum aus (was leider nicht viel ist, aber ein paar schoene Schnappschuesse gelingen mir trotzdem).
Wir biegen mehrmals ab und fahren vom See weg grob in Richtung Lilongwe, fahren aber kurz bevor wir die Hauptstadt zu Gesicht kriegen (leider) in eine andere Richtung. Ich bin noch ueberhaupt nicht bereit, mich von Malawi loszureissen, als wir urploetzlich schon vor dem Grenzposten stehen und ich unzeremoniell aus dem Land gestempelt und von Sambia ueberrumpelt werde. "Ueberrumpelt" heisst, nach Stunden dieser herrlichen, unverbrauchten und romantischen Landschaft und einem kurzen Stop in einem Haeuschen, in dem man 50 Dollar laest und dafuer einen Stempel in den Pass bekommt, erschlaegt einen ploetzlich ein westlicher Supermarkt neben einer westlichen Tankstelle und vielen haesslichen Werbetafeln. Nicht, dass ich Sambia den "Fortschritt" missgoenne - ich war nur einfach nicht darauf vorbereitet. Sambia klingt fuer mich nicht nach westlichem Supermarkt... Jedenfalls gehen wir in diesen Markt der Marke Spar und kaufen Joghurt und Saft und anderes Zeug zu Preisen, die mit sparen rein gar nichts zu tun haben und bei mir die Frage aufwerfen, wie bitte die Leute hier sich das Zeug leisten koennen? An der Brottheke stehen jedenfalls 20 Mann an.
Der Ort heisst Chipata (ich nenn ihn Chapati), und wir durchqueren ihn im Dunkeln bis hin zu unserem Camp fuer diese Nacht. Und wen treffen wir dort? Die Plastiktruckmaedels, so ein Zufall. Dabei waren die doch eine Nacht vor uns abgefahren? Wie auch immer, Wiedersehen macht Freude. Insbesondere, wenn es nicht besonders viel zu tun gibt. Die Maedels kochen Spaghetti, Sam ist zu faul zum Kochen und bestellt unserem Truck geschlossen Lasagne im Restaurant. Lecker ist sie, aber erstaunlich ist das Verhaeltnis von Nudeln zu Fleisch zu Sosse etc. Ich finde, haette man dasselbe Gericht unter dem Namen Kaesefondue verkauft, haette man sich genauso viel oder wenig gewundert wie ueber "Lasagne". Aber wer beschwert sich schon ueber viel Kaese nach 2,5 ziemlich kaesearmen Monaten? Ich jedenfalls nicht.
Ich beschliesse mein Nachtlager unter dem Spitzdach des Restaurants zu erreichten. Im Fernsehen laeuft eine ziemlich daemliche Sendung ueber Leute, die dumme, riskante Sachen tun und dabei zufaellig gefilmt wurden. Koennte mich nicht weniger interessieren - ich schlafe nach einer weiteren heissen Dusche, und ich fuerchte, es ist allerhoechstens halb neun. Dementsprechend bin ich am naechsten Tag frueh wach, und das obwohl ich nicht mal sonderlich gut geschlafen habe. Irgendwann in der Nacht gab es mal eindeutige Geraeusche und ein Gewackel, das mich vermuten laesst, dass ein bis zwei Leute in der Nacht auf dem Tisch neben meinem Nachtlager sexuellen Aktivitaeten nachgegangen waren. Ich bedaure ein bisschen meine Diskretion, nicht nachgesehen zu haben. Michael und ich sind neuerdings immer frueher fertig als unsere Crew - was vermutlich daran liegt, dass die immer laenger wach sind als wir und, in meinem, nicht aber Michaels Fall, wesentlich mehr trinken. Bei Michael schiebe ich's auf die Gewohnheit, dass der Alkohol ihn nicht umhaut.

Sam ist heute etwas kraenklich. Zwar bequemt sie sich mal wieder in den hinteren Teil des Trucks zu uns, schlaeft dort aber die halbe Zeit. Wir verlassen das Camp tatsaechlich fast puenktlich um acht Uhr morgens nach einem kurzen Fruehstueck. Ich habe noch ganz kurz Zeit, den Hasenstall und die Hundewelpen, die es hier gibt, anzuschauen, dann gehts wieder auf die Strasse.
Ausserhalb Chipatas ist Sambia sehr bald sehr ansehnlich. Die Landschaft ist weiter sehr huegelig. Man erkennt allmaehlich so etwas wie Jahreszeiten, denn die Laubbaume haben roetliche und gelbe Blaetter und es gibt weite Felder mit einer Art roetlichem Schilf, sodass das gesamte landschaftliche Farbspektrum ein waermeres ist. Und hier gibt es sie endlich: Die runden, typisch afrikanischen Haeuser aus Lehm mit den Strohdaechern aus meinen Kinderbuechern. Ich bin gluecklich. Ueberall in der weiten, lieblichen Natur schmiegen sie sich an die Haenge und in die fruchtbaren Felder, wo die Menschen gebueckt, wie immer die Babys auf den Ruecken gebunden, Mais, Reis, Bananen ernten. Vor den Doerfern liegen grosse Matten aus, auf denen der Mais getrocknet wird, junge Maenner treiben Ochsenkarren neben der Strasse entlang, Ziegen huepfen mal uebermuetig ueber die Strasse. Dann wieder geht es hinauf in die Berge, und fuer eine halbe Stunde ist keinerlei Zivilisation zu erkennen. Der schoenste Abschnitt der Strecke fuerht ueber eine Bruecke ueber den Luangwa (oder so) Fluss, und man erkennt kleine Boote auf dem Fluss und gruen-gelbe Haenge zu beiden Ufern, wieder mit runden Spitzdachhaeuschen besiedelt und dem ein oder anderen knallrot bluehenden Busch als wunderschoenem Farbtupfer dazwischen. Hier haette ich Rast gemacht, wenn ich koennte, aber das ist eben der Nachteil organisierter Touren - man muss dort stoppen, wo die Tour stoppen will, und so bleibt mir nur verzweifeltes Fotographieren aus dem Fenster, was die Schoenheit dieser Gegend leider nicht richtig einfangen will. Wo wir letztendlich stoppen, sind groessere Ortschaften (das heisst, etwa 100 Einwohner und etwas wie Vertrieb, anstatt 10 Einwohner und nichts ausser Landwirtschaft). Ich jedenfalls moechte meinen ersten Eindruck (Chipata) von Sambia revidieren - das Land ist herrlich, um hindurchzufahren und sich einfach nur daran zu erfreuen, was sich links und rechts der Fenster entfaltet.

Nach dem Mittagsstop lasse ich die kraenkelnde Sam und den hustenden Michael hinten im Truck zurueck und geniesse ein paar Stunden die Aussiecht vom Beifahrersitz, was mir auch die Chance gibt, Fahrer Rob etwas besser kennen zu lernen. Am fruehen Nachmittag erreichen wir Lusaka. Die Gegend ist inzwischen flacher geworden, und wir befahren die Stadt ueber einen extrem breiten, gepflegten Boulevard (ein Geschenk von Japan). Um Lusaka befindet sich einiges an landwirtschaftlicher Grossindustrie im Gegensatz zu den von Handarbeit bestimmten Kleinbetrieben ueberall sonst im Land. Aber nicht nur das macht Lusaka anders. Zum ersten mal in meiner Zeit in Afrika vergesse ich fast, dass ich eben dort bin - in Afrika. Wir passieren erst die Universitaet, ein schoenes, gruenes Gelaende mit einer internationalen Studierendenschaft, die darauf in der Sonne liegt und lernt. Dann besuchen wir ein Shoppingcenter. Hier gibt es eine menge Blechhuetten, die ein grosses Schild mit "Shoppingcenter" vor die Tuer schrauben, worueber ich jedes mal schmunzeln muss. Aber das hier ist wirklich eins. Ich brauche gar nicht beschreiben, wie es aussieht, wir alle kennen solche Dinger, denn genauso stehen sie ja bei uns. Auf der Fressmeile in einem Seitenfluegel mit Aussensitzbereich tummeln sich Menschen verschiedenster ethnischer Gruppen, Europaeer, Amerikaner, Asiaten, Araber, Inder und nicht zuletzt Afrikaner, letztere mit schicken Klamotten und gut gemachten Haaren (das heisst hier meist: Glatthaarperruecken).
Eine Dreiviertelstunde ist hier eingeplant. Ich haste durch das Center mit nur einer Mission: Kamera. Im ersten Laden, einer Art Woolworth/Realkauf (das heisst "einmal hin alles drin") ist eine Fujifilm im Angebot fuer 60 Euro ausverkauft - der Rest kostet doppelt so viel und aufwaerts und ueberzeugt mich nicht. Ich finde mich damit ab, dassich wohl einiges an Geld anlegen muss, aber dann will ich auch ein vernuenftiges Geraet. In einem Fachgeschaeft kaufe ich schliesslich eine Fuji Finepix JX500. Die sieht meiner alten Cam naemlich noch am aehnlichsten, ich kenne das Menue, weiss, wo sich die Knoepfe befinden und wie ich mit dem Ding umgehe. Einiges hat sich offenbar weiterentwickelt bei Fuji - der Akku ist nur noch ein drittel so gross und schwer, ebenso die gesamte Kamera. Es gibt noch viel mehr Modi und Funktionen, jetzt 14 Megapixel und optischen Zoom, den ich frueher nicht hatte. Ob ich mit der Bildqualitaet zufrieden bin, weiss ich noch nicht so genau, die Farben allerdings sind toll, und mit ein bisschen Uebung krieg ich bestimmt auch gute Fotos. Ich will gar nicht sagen, was ich fuer das Ding ausgegeben habe (ok: Knapp 170 Euro), und ich will auch nicht wissen, was der aktuelle deutsche Preis dafuer ist. Aber immerhin hab ich das Gefuehl, ich habe ein vernuenftiges Geraet (und ich habe eine SD-Karte und Tasche geschenkt bekommen), und der Kruegerpark und seine Viecher koennen kommen. Ich jedenfalls fuehle mich jetzt nicht mehr so nackig wie ohne Kamra und habe das Ding bis jetzt nicht mehr aus der Hand gelegt. Das war's wert.
Und wo ich schon mal grad in dem Shoppingcenter bin, wo es alles gibt, kaufe ich mir einen Packen Vollkornbrot. Das Toastbrot der letzten Wochen konnte ich noch tolerieren, insb. das braune. Aber die broeseligen Hamburgerbroertchen, die Sam heute gekauft hat, gehen echt zu weit. Interessant, was man so vermisst, wenn man es nicht hat. Ich habe fast drei Monate kein Schweinefleisch gegessen und das ist mir ziemlich egal. Aber was wuerde ich geben fuer ein Broetchen, das ein Geraeusch macht, wenn man hinein beisst! Wie auch immer, das Vollkornbrot kommt mal nicht aus Deutschland, sondern aus Suedafrika, ist aber trotzdem ziemlich gut essbar.
Auch Lusaka verlassen wir dann viel zu schnell. Dafuer ist der Campingplatz (nur wenige Meter ausserhalb der Stadt) schoen und gepflegt. Ein paar echte, grasende Zebras stehen herum, und es gibt einen Pool (natuerlich viel zu kalt!) und Baderaeume, die sehr australisch mit "Bruce" und "Sheila" beschriftet sind. Wir kochen unser Dinner, und ich packe meine Matratzen heute mal in einen kleinen Unterstand, der vermutlich dazu gedacht ist, bei Regen darin zu essen. Regen haben wir freilich - und gluecklicherweise - seit Sansibar keinen mehr gehabt, ist ja auch Trockenzeit.

Die Person, die kalkuliert hat, wir sehen zum Eurovision Song Contest mit den Plastiktruckmaedchen in Livingstone, liegt nun offensichtlich falsch. Das ist sehr bedauerlich. Ebenso wie die Tatsache, dass unter den insgesamt ueber 300 verschiedenen TV-Programmen, die die Bar vom Campingplatz empfaengt, keins das bloede Ding uebertraegt. Und dabei sind hier eine Britin, ein Ire und eine Deutsche, die sich gepflegt darueber amuesieren wollten. Meines Abendprogramms (auf das ich mich sogar fast gefreut hatte) beraubt, gibt es die zweite fruehe Nachtruhe in Folge. Michael erzaehlt mir einen Haufen Zeug. Das ist spannend, aber leider will er a) nicht hoeren, was ich so zu erzaehlen habe und b) merkt er nicht, wenn ich genug habe. Aber er hat eine Menge erlebt und gescheit ist er auch. Er hat 'nen Doktortitel in Geschichte oder so, und er kennt sich aus mit Zeug angefangen mit Literatur bis hin zu deuscher Politik (er wuerde die Linke waehlen, sagt er), und einige Sprachen spricht er auch. Leider sieht er hier mit seiner Zigarette und seinem Bier auf einer Matte im Gras von Sambia trotzdem aus wie ein... nun ja, wie ein Penner eben. Und er riecht auch weiterhin so, das ist so ziemlich mein groesstes Problem mit ihm. Aber in Livingstone wird er verschwinden - waehrend wir 4 Tage Aufenthalt dort haben, will er nach Great Zimbabwe fahren. Und wenn er dann wiederkommt, bin ich in einer neuen Gruppe.
Auf ebendiese Gruppe freue ich mich heute an Tag drei unserer langen Fahrt durch Sambia unbeschreiblich. Die Landschaft ist immernoch schoen, aber deutlich weniger spektakulaer als vorher, wird nun wuestiger, flacher, termitenhuegeliger, immer noch baumbestanden, aber die Erde sieht schon viel trockener und sehr rot aus, und es waechst hauptsaechlich robustes, pieksiges Gras, wie in Australien. Eine Halbtagesfahrt steht offiziell an, aber da wir zwischendrin mal eine halbe Stunde tanken und dann noch ueber eine Stunde irgendein mechanisches Problem fixen muessen (am Truck funktionieren inzwischen die Tuer, die Batterien und etwas drittes nicht richtig, wobei das dritte heute seinen Geist voellig aufgab und repariert werden musste), dauert es laenger. Sam hockt mal wieder vorne. Michael haut innerhalb einer Stunde sein Gespraechspensum fuer einen Tag raus und schweigt die uebrige Fahrt. Ich bin schon zehn mal durch alle Songs auf meinem MP3-Player durch, kann und will nicht schlafen (war heute schon um fuenf wach, frueh schlafen bekommt mir also nicht) und habe waehrend der Wartezeit bei der Truckreparatur auch saemtliche Kreuzwortraetsel schon geloest, die ich irgendwo finden konnte. Ich glaube wirklich, dass solche Touren zu dem werden, was sie sind, durch entsprechende Gesellschaft, mit der man die Erlebnisse teilt. Und heute wird mir mal wieder bewusst, wie sehr zumindest heute ich diese Gesellschaft vermisse. Irgendeine Gesellschaft. Aber entweder Sam ist immer noch krank, oder sie hat keinen Bock auf Michael, oder vielleicht auch nicht auf mich, jedenfalls ist meine Hauptgespraechspartnerin heute nicht zu sprechen. Ich hatte gehofft, jetzt, wo ich quasi allein bin, macht sie es zu ihrem Job umso mehr dafuer zu sorgen, dass ich mich wohl fuehle. Heute jedenfalls klappt das nicht. Mir ist unbeschreiblich langweilig, und die Landschaft, wenn auch noch so schoen, ist eintoenig und troestet mich nur wenig. Endlich, in der Daemmerung, kommen wir dann in Livingstone an. Hier schlafen wir in einem wirklich huebschen Camp direkt an den Ufern des Zambesi. Die Stadt Livingstone ist sechs, die Faelle etwa fuenf Kilometer entfernt - Transport dorthin sowie Mittag- und Abendessen muessen wir hier selber zahlen. Bevor wir ankommen, futtere ich deshalb schnell noch allen Kaese und alles Brot, was ich im Truck finde, um mir das erste Abendessen schonmal zu sparen - schliesslich haette das Camprestaurant da heute ein Monopol, und das ist echt teuer! Das mag daran liegen, dass es direkt auf Holzterassen in den Fluss gebaut ist, das hat natuerlich was. In einiger Entfernung sieht man die Gischt der Viktoriafaelle aufsteigen.
Ich habe mir sagen lassen, dass jetzt in dieser Jahreszeit genug Wasser da ist, um tatsaechlich einen Wasserfall zu formen - das ist offenbar nicht immer so. Der Nachteil ist, dass viel Wasser auch zu viel Gischt fuehrt, und diese wiederum die Sicht auf die Faelle selbst truebt.

An der Grenze habe ich ein Single-Entry-Visum gekauft. Das bedeutet, dass ich nicht vorhabe, nach Simbabwe zu gehen. Das ist hier ungefaehr so wie bei den Niagarafaellen (was machen bekannte Wasserfaelle immer an Grenzen?!) -auf der US/Sambiaseite befinden sich die Faelle, aber nur von der anderen Seite, aka Kanada/Simbabwe sieht man sie von vorn. Und dazwischen gibt es irgendwo eine Bruecke. Hier kann man offenbar auch ohne Visum auf diese Bruecke und sollte von dort einen ganz guten Blick haben. Nur fuer den Blick nach Simbabwe zu gehen, kostet neben dem Aufschlag fuer ein Double-Entry-Sambiavisum noch das Visum fuer Simbabwe sowie den Eintritt in den Park, insgesamt rund 100 Euro, in anderen Worten: Zu viel. Ich hoffe, dass ich auch von hier einen gescheiten Blick bekomme. Aber das werde ich erst morgen rausfinden.
Heute baue ich dafuer zum ersten mal ein Zelt auf. Zum einen, weil wir vier Naechte hier sind, zum anderen, weil hier viele diebische Affen herumrennen (und mich heute morgen ein Hund durch Lecken an meiner Nase geweckt hat und ich vermeiden moechte, dass das morgen frueh ein Affe tut :) ). Dann erkunde ich den Campingplatz und hocke mich auf eine Bootsanlegestelle aus Holz, um von dort aus den Sonnenunterhang hinter dem Zambesi zu betrachten. Einige All-you-can-eat-Cruiseboote schippern froehlich auf dem ruhigen Wasser, ungestoert der Tatsache, dass selbiges ein paar Meter weiter tosend ordentlich in die Tiefe stuerzt. Die gesamte Szenerie ist irgendwo zwischen dem Angelpark von Bergheim und dem Niagara Falls Park auf der US-Seite. Ich weiss, seltsame Mischung, aber so ist es!

Sam kennt mal wieder alle Leute und verschwindet an die Bar. Ich frage mich, welcher Anteil des von mir gezahlten Tourpreises ihr diesen ausladenden Alkoholkonsum ermoeglicht? Ich kauf mir nicht mal ein Wasser - wir haben ja einen Frischwassertank (und Saft, den ich stibitzen werde) im Truck. Ha! Und morgen frueh soll es warmes Buffetfruehstueck geben, da werd ich mich so dermassen vollfressen dass es bis zum Abendessen reicht. Und dann dafuer zu den Wasserfaellen zu Fuss gehen. Soweit der Plan. Allerlei komische Adrenalinaktivitaeten gibt es hier - ich will bisher keiner davon nachgehen. Aber eine Treppe runter in die Schlucht gibt es, und da will ich hin. Ich habe ja jetzt mehrere Tage hier, ich hoffe, die bleiben so schoen trocken und werden ereignisreich. Dienstag kommt der Truck, in den ich wechsle, u dann nach Johannesburg zu fahren. Und ich hoffe, dass ich dann endlich nette Gesellschaft bekomme. Drueckt mir die Daumen!

Donnerstag, 24. Mai 2012

Kande

Am naechsten Tag schlafen wir halbwegs aus und machen uns dann in aller Ruhe auf nach Kande. Auf dem Weg machen wir einen langen Stop in Mzuzu, die Crew kauft ein, ich schaue mich ein bisschen um. Die ganze Fahrt geht die Berge rauf und runter, wir sehen ein paar haessliche LKW-Wracks und fahren schoen langsam, damit uns nicht etwas aehnliches passiert. Der See ist teilweise gar nicht mehr in Sicht, doch die Landschaft ist immer noch herrlich. Duenn besiedelt mit diesen echt afrikanisch aussehenden Haeusern (bis darauf, dass sie nicht rund sind), gruen und immer mal wieder mit winkenden Leuten am Strassenrand.
Die Stichstrasse, die von der Hauptstrasse nach Kande fuehrt, ist deutlich laenger als die nach Chitimba, sodass ich wohl eher nicht bis zur Strasse zurueckwandern werde. Das "Dorf" besteht aus mehreren kleinen, verstreuten Haeusern und grossen Plantagen, hauptsaechlich Kassava, deren Pflanzen ueberirdisch ziemlich so aussehen wie Cannabis. Man kann schoen weit ueber die gruene Landschaft schauen. Sam hatte gemeint, das neue Camp wuerde sich sehr vom ersten unterscheiden, aber das ist nur halb wahr. Hauptsaechlich fehlen tut der Berg im Hintergrund, und der Strand ist weniger breit und weniger weit weg, dafuer ist es heute windig und es gibt Wellen wie an der Nordsee. Das andere Ufer des Malawisees sieht man natuerlich nicht, deshalb koennte es auch quasi die Nordsee sein, nur blauer und waermer und weniger salzig und angeblich voll mit tropischen Fischen. Soll ein tolles Tauchrevier sein.

Nach den guten Erfahrungen der letzten Naechte baue ich auch diesmal kein Zelt auf - auch wenn's hier leider keine so schoene Sitzgruppe gibt wie in Chitimba (wo es mir uebrigens besser gefiel). Der Platz ist voll mit anderen Trucks, mindestens sechs davon, und alle voller als meiner. Auch ein anderes Acacia-Fahrzeug ist da, nach Norden unterwegs. Offenbar tut man hier in Kande zwei Dinge (und zwar jede Reisegruppe, die kommt): Man kauft einander auf dem Markt in Mzuzu Kostueme (im Ernst! Das muss ein ganzer Industriezweig sein, warum sonst soll ein Markt mitten in Malawi massig Karnevalskostueme verkaufen?!) und geht damit abends auf der Bar tanzen. Jetzt habe ich selbst nun keinen Mitreisenden, bzw. nur einen, der nicht so aussieht, als wolle er verkleidet auf Theken tanzen. Tourleaderin Sam und ich beschliessen, uns einfach aus was auch immer wir finden etwas zusammenzubasteln, und fahren nicht zu diesem Markt. In meinem Fall laeuft es darauf hinaus, dass ich nach dem Duschen (Warmwasser!) meine Haare zu zwei Knubbeln binde und ueber jeden einen Socken ziehe, sodass es aussieht, als habe ich Hundeohren. Die Frage, ob ich Socken auf dem Kopf habe, sollte an dem Abend noch eine Art Running Gag werden, also nehme ich an, dass es genuegend Kostuem war. Sam indessen freut sich, Kollegen zu treffen und verbringt die meiste Zeit mit denen.
Da Michael aus irgendeinem Grund nur zweimal am Tag isst (und, weil er sich erdreistet hat, heute schon Fruehstueck und Mittag zu essen, das Abendessen auslaesst), werden Sam und ich der Einfachheit halber vom Plastiktruck mit den acht Maedels zu Chapati und Huehnerfrikassee eingeladen. Die Maedels haben alle wesentlich coolere Kostueme an als ich, und Dank eines grossen Eimers Punsch auch schon alle gewaltig einen im Tee. Sam, die heute abend in ihren Geburtstag reinfeiert, ist auch schon ziemlich gut dabei. Aus einem anderen Truck sind inzwischen mal ein paar alleinreisende Jungs gestiegen - einer davon aus Namibia, der mit mir auf Deutsch kommuniziert, und ein Amerikaner mit offensichtlich asiatischem Einschlag, der eine Krawatte traegt (wovon er mehrfach meint, dass es irgendwie sinnlos sei) und eine grosse Tuete rosa Marshmallows in der Hand haelt. Der Maedelstruck ist entzueckt. Letztendlich aber haengt der Ami den ganzen Abend eigentlich nur mit mir rum. Wir verstehen uns auf Anhieb naemlich ziemlich gut, sind gleich alt, in der gleichen Situation im Leben, und in einer aehnlichen Reisesituation: Ich bin quasi allein unterwegs, und er ist der einzige in seinem Truck, der englisch spricht. Ich lasse mich von seiner Gruppe zum Marshmallowgrillen einladen, und wir haben eine Menge Spass, nicht zuletzt, weil der angeheiterte Maedelstruck immer kreativer versucht, uns alle in die Bar zu lotsen.
Obwohl der Ami (namens Kim) und ich beide nichts trinken, sind wir bei den ersten auf der Theke (diese Bar lebt von Touristen wie uns, ist voll behaengt mit gerahmten T-Shirts von Durchreisenden, die ihre Route auf Textil verewigt haben, und wartet nur auf neue Thekentaenzer - Weisse, die sich entscheiden, in Malawi einen Campingplatz zu eroeffnen sind einfach lockrer drauf). Es laeuft der Soundtrack von Slumdog Millionaire und wir legen einen, find ich, filmreifen Bollywooddance hin. Ich finde Leute cool, die spontan solche Sachen mitmachen, insbesondere unalkoholisiert. Eine aus dem Maedelstruck hat inzwischen einen Kerl abgeschleppt, der George Clooney erschreckend aehnlich sieht, aber halt eben auch genauso alt ist. Der Abend wird ein langer. Ich gehe gegen zwei Uhr morgens an den Strand zum Schlafen, Kim kommt mit. Im separaten Schlafsack selbstverstaendlich - doch das wollen die Leute, die um eine aehnliche Zeit beschliessen, baden zu gehen, irgendwie nicht einsehen. Dass man auch anderweitig "Spass haben" kann, meine ich, zum Beispiel, indem man angesichts des Firmaments der suedlichen Hemisphaere seine Astronomiekenntnisse austauscht, wie wir es tun, anstatt sich nackt im See zu tummeln, wie manch andere.

Als ich morgens aufwache, ist von Kim nur noch ein Zettel mit seiner Adresse in meinen Latschen uebrig - seine Tour ist am Morgen nach Norden aufgebrochen. Schade eigentlich, den haett ich sofort gegen Michael eingetauscht. Der restliche Campingplatz hat einen massiven Kater. Sam, die recht unglaubwuerdig genickt hatte, als ich sie beim Gratulieren um Mitternacht gefragt hatte, ob sie ueberhaupt wisse, wer ich sei (kurz bevor sie torkelte, stolperte und dem Freund von George Clooney in die Arme fiel), ist nirgens zu sehen, um mir ihrer Jobbeschreibung gemaess Fruehstueck zu machen. Zum Glueck kann ich das auch allein. :) Dafuer ist die Britin schon wach, die am Abend zuvor (respektive heute morgen) mit George Clooney und ein paar anderen noch im See war (obwohl sie eine von denen war, die sich felsenfest entschieden hatten, nicht hinein zu gehen). Mit dezent abwesendem Blick starrt sie aufs Meer und singt "Para- Para- Parasite" auf die Melodie von Coldplays "Paradise", waehrend ihre Freundin ihr netterweise ein Bier kauft, um die Kopfschmerzen noch etwas hinauszuzoegern.
Meine persoenliche Motivation, Afrika zu bereisen, ist uebrigens weitgehend soziokultureller, landschaftlicher und zoologischer Natur - oder so aehnlich. Ich hatte befuerchtet, auf einer Tour zu landen, deren Mitglieder den soziokulturellen Aspekt im abendlichen Saufgelage mit Mitreisenden suchen - eine offensichtlich begruendete Befuerchtung, da so gut wie alle Angehoerigen vornehmlich von Staaten mit Union Jack in der Flagge genau darauf aus scheinen. Nun gut, einen Tag lang ist das schon ziemlich lustig, und ich will nicht leugnen, dass ich am Abend zuvor nicht enorm viel Spass hatte. Aber jeden Abend muss das nun nicht sein - da will ich dann gern aus diesen Touristenrefugien raus und mal eine Runde im Busch campen (das wird auch passieren, hat man mir versichert).
Heute jedenfalls unternehme ich die meiste Zeit etwas mit dem Maedelstruck. Rebecca aus Australien und ich machen einen schoenen Spaziergang durch das Dorf und am Strand zurueck. Die lokale Bevoelkerung kommt angelaufen, Kinder posieren fuer Fotos, Maenner suchen Gespraech (und erhoffen vermutlich eine Verkaufsgelegenheit). Dabei verlaeuft jedes, wirklich jedes Gespraech exakt gleich, inklusive der Fragenfolge. Wie man heisst, wird gefragt. Dann stellt sich der Gespraechspartner vor, der immer einen sehr sinnlosen Namen hat (meine hiessen Chicken Pizza, Flower Pot und etwas drittes, aehnlich Seltsames). Dann, wie viele Mitglieder die Familie habe, gefolgt von Erstaunen, wie wenig das sei, ob man reise, wo man herkommt, welche Hobbies man habe (mit Skifahren koennen sie nix anfangen). Schliesslich, ob man schon ein Souvenir gekauft habe und vielleicht schonmal einen solch schoenen geschnitzten Schluesselanhaenger irgendwo gesehen habe (wiederum gefolgt von Erstaunen, dass auch andere Leute selbst in anderen Nationen dasselbe verkaufen). Ich wuerde Postkarten kaufen, aber sowas gibt es hier nicht. Nicht mal geschnitzt. Schade eigentlich, das waere originell.

Von Sam sehe ich ausserordentlich wenig. Ich bin mir nicht sicher, ob es cool ist, einen Job zu haben, in dem man trinken darf, wenn man dafuer eine 24/7-Woche hat. Heute jedenfalls scheint sie mindestens einen halben Tag frei zu nehmen. Am Nachmittag taucht sie auf, und ich spendiere ihr ein Stueck Schokotorte (sowas gibts hier im Cafe, Wahnsinn!). Immerhin wird es nicht darauf hinauslaufen, dass ich nachher alleine ein Tourshirt springen lasse, wie sie hier gerahmt in der Bar haengen, denn ich bezweifle, dass Michael Geld dazulegen wuerde. Aber irgendwie muss man sich bei der Reiseleitung ja auch erkenntlich zeigen, deshalb kriegt sie heute Geburtstagskuchen. Sogar von mir mit Blumen dekoriert. Man, bin ich nett. Ich hoffe, das ist auch ein gutes Katerfruehstueck.
Die Maedels aus dem Plastiktruck und ich goennen uns auch Kuchen, zu zweit jeweils ein Stueck. Fuer sie ist heute an ihrem letzten Abend hier ein lokales Dinner im Dorf angesagt. Ich derweil bin mal wieder bei einem anderen Truck eingeladen, respektive bei zwei anderen, die heute gemeinsam ihren ersten Abend mit der obligatorischen Kostuem- und Thekentanzparty einleiten. Seit einigen Stunden schon brutzelt dafuer auf dem Campingplatz eine ganze Ziege ueber dem offenen Feuer - Vegetarier Michael hat sein Zelt schon vorsorglich ans andere Ende des Platzes geraeumt. Ich esse ja an sich ungern Dinge, deren Form ich klar erkennen kann, oder die im Babyalter dem Metzger zum Opfer gefallen sind (Lamm, Spanferkel etc), und das erinnert mich doch sehr daran. Aber ich habe in Asien Krokodil probiert - sowas gehoert zum Reisen schon irgendwie dazu. Ausserdem sind die Locals beleidigt, als ich das Vieh am Spiess so skeptisch beaeuge - das ist immerhin das beste Essen, mit dem sie ihrer Meinung nach aufwarten koennen.

Als es Zeit ist, zu essen (ich war zwischenzeitlich unten am Strand zum Blog-in-Word-Vorschreiben auf Sams Computer und mir einen dummen, bunten Hut anziehen angesichts dieser Kostuemsache) ist die Ziege vom Spiess verschwunden und liegt appetitlich aufgeschnitten auf einem grossen Brett. Drumherum gestapelt Folienkartoffeln, Reis- und Krautsalat, Knoblauchbrot, Bohnen, Gemuesepuree und eine ganze Kuehlbox voll mit Punsch. Ich esse ein Stueck Fleisch, kein grosses, aber ich hab es immerhin probiert. Der Geschmack ist ganz gut, irgendwo zwischen Lamm und Rindersteak, wobei ich Lamm nicht mag. Da ich aber kein Knochenabnager bin, finde ich nicht wirklich viele Stuecke, die meinem Geschmack entsprechen und beschraenke mich auf ein kleines, zarteres Endstueck mit immerhin ein bisschen margerem Fleisch daran. Ziegen klettern doch staendig rum, warum haben die soviel fettiges Fleisch?
Ausser mir sind circa dreissig Leute beim Grillen dabei, und die sind alle miteinander noch viel schraeger drauf als alle anderen Gruppen, die ich die Tage kennen lerne. Hier sind tatsaechlich aeltere Reisende (das heisst, weit jenseits der 45), die noch mehr Stimmung machen als meine Altersgenossen. Ich nehme an, wenn man sich in dem Alter entschliesst, eine Low-Budget-Campingsafari mitzumachen, muss man schon irgendwie so drauf sein. Ich komme in die Gruppe nicht so wirklich rein, bin mir aber nicht sicher, ob das schlimm ist. Es gibt ein paar nette, alleinreisende Maedels am Rand, darunder eine ziemlich dunkelhaeutige Kanadierin, die supergenial als Afrikanerin inklusive Baby (aka Kissen) auf dem Ruecken verkleidet ist, eine Ungarin, eine Australierin, und eine Schweizerin, die dankbar mit mir deutsch redet (was die Mitreisenden dazu anregt, sich zu freuen, dass sie ueberhaupt mal viel redet - ich denke, sie hat auch nicht richtig in die Gruppe gefunden, was vermutlich daran liegt, dass ihre Reisemotivation mehr der meinen entspricht und sie damit recht allein steht).
Der Abend ist eine ziemliche Kopie des gestrigen, nur meine Rolle darin ist eine andere. Ich bin muede und tanze nicht auf der Theke, schlafe auch nicht am Strand und diskutiere nicht Astronomie mit irgendwem. Stattdessen telefoniere ich endlich mal wieder mit daheim, schlafe schon recht frueh in der Naehe der Bar, kriege aber genug mit, um sicher sagen zu koennen, dass Sam sich am Ende des Tages im selben Zustand befindet wie am Tag zuvor und die Parasitenbritin wieder mit George Clooney und ein paar anderen im Meer landet. Schon lustig hier. :)

Am letzten Tag in Kande also wieder selber Fruehstueck machen. Da wir eine Menge Essen gespart haben durch die ganzen Einladungen verschaffe ich ein paar Eier und Tomaten - lecker. Es ist richtig heiss und ich geniesse es, nochmal im Strand in der Sonne zu liegen, denn schliesslich ist dies mein letzter Strandtag in Afrika, und wir fahren nach Sueden - das bedeutet im diese Zeit auf der Suedhalbkugel Winter. Theoretisch ist natuerlich auch in Malawi gerade Winter, aber davon merkt man heute nun wirklich nichts - die Sonne brutzelt nur so vom Himmel. Ich bin inzwischen so braun, dass ich keinen Sonnebrand mehr fuerchte, gehe aber trotzdem in den Schatten. Etwa 600 Meter vor dem Strand befindet sich eine kleine Insel im See, zu der die Tauchschule nebenan Tauch- und Schnorchelwillige transportiert. Ich tauche total gerne. Die Chance, das einmal im tropischen Suesswasser zu tun, in einem der angeblich fisch- und artenreichsten Gebiete, ist schon verlockend. Doch alle, die gestern die Tauchtour unternahmen, kamen zurueck und erklaerten, die Sicht sei schlecht und die Fische eher rar. Ich habe eine Taucherbrille dabei und will mir das Ganze mal anschauen. Ich kann ganz gut schwimmen und ueberlege, ob ich es durch die Wellen bis zur Insel schaffe. Letztendlich breche ich den Versuch nach drei Vierteln der Strecke ab, weil der Meeresboden rasant abfaellt und das fuer eine komische Stroemung sorgt, von der ich nicht nach draussen gezogen werden moechte. Dass die Sicht unter Wasser schlecht ist, stimmt. Ich sehe auch keinen einzigen Fisch. Enttaeuschend. Letztendlich gehe ich so nicht mal Schnorcheln (ich bin kein grosser Schnorchelfan - es ist etwas anderes, in ein komisches Mundstueck zu beissen, das viele Menschen vor mir im Mund hatten, wenn man es wirklich braucht, etwa um beim Tauchen unter Wasser zu atmen - und Tauchen ist das anfaengliche Ekeln allemal wert. Aber an der Wasseroberflaeche kann man ja einfach zum Atmen kurz auftauchen und kann sich das eklige Mundstueck sparen - und so sogar zwischendrin mal abtauchen, ohne zu befuerchten, dass Wasser in den Schnorchel laeuft). Wehe also, wenn die Gruppe gleich wiederkommt und mir irgendwas von Fischschwaermen erzaehlt. Ich frage mich, ob ich irgendwann mal bereue, die Tauchchance hier ausgelassen zu haben. Dann denke ich an meine Ohrentzuendung letzte Woche und nehme die als Vorschub, dass es vielleicht eh keine gute Idee gewesen waere.
Seit die Plastiktruckmaedchen abgereist sind und nur noch der Partybus da ist, ist mir fast ein bisschen langweilig. Michael hat sich verzogen. Erstens gefaellt es ihm hier nicht, und zweitens hat die Tatsache, dass ihm sein Handy geklaut wurde (das er dooferweise ueber Nacht VOR dem Zelt gelagert hatte), nicht unbedingt zu guter Laune beigetragen. Aber ich will keinen falschen Eindruck erwecken - ich habe eine richtig schoene Zeit in Malawi. Vielleicht ist es nicht authentisch Afrika (das kommt ja noch), aber es ist mal ganz sicher eins: Urlaub. Alles, vom Kennenlernen mehr oder weniger Gleichgesinnter bis hin zur Grillziege hat fuer wunderbare fuenf erholsame Tage gesorgt - und das Wetter hat sein Uebriges dazu beigetragen. Nach Tansania hat Malawi also doch die erhoffte "Wende" gebracht - das Pech hat mich verlassen und (leider) Michael heimgesucht. Ich bin zuversichtlich, dass es nicht zurueckkommt und geniesse meine Ferien mal richtig. In der Haengematte zum Beispiel, oder wie jetzt mit dem Laptop in einer Strandhuette mit Ausblick aus Meer, um euch daheim daran teilhaben zu lassen.
Ach ja - ueber den heutigen Tag gibt es sonst nicht mehr viel zu sagen. Ich bin aufgewacht mit dem Gedanken, in exakt 14 Tagen zu Hause zu sein, dem Wissen, dass es der letzte Tag am Strand und der letzte Tag in Malawi ist, und ich die naechsten zwei Tage damit verbringen werde, Sambia zu durchqueren, um zu den Viktoriafaellen zu kommen. Dass ich vermutlich wenig Telekommunikationsmoeglichkeiten haben werde, wenn ich erstmal hier abgefahren bin, bis ich nach Botswana komme. Dass ich die Plastiktruckmaedels wiedertreffe, damit wir zusammen den Eurovision Song Contest schauen (und daraus vermutlich ein Trinkspiel machen) koennen. Und dass ich ab Livingstone den Truck wechslen werde und hoffentlich zu einer Gruppe dazustosse, die viele Kims und wenige Freaks umfasst. Und die mich weiter jede Nacht draussen schlafen laesst - denn das geniesse ich unheimlich.

Ich melde mich - soweit moeglich - aus Livingstone wieder.

Ein letztes Mal aus Malawi, dem wirklich warmen Herz Afrikas, gruesst euch
eure Ivy

Montag, 21. Mai 2012

Chitimba, Malawi

... denn am naechsten Tag klingelt der Wecker "erst" um sechs. Ich krieche aus dem Zelt und fluechte wieder zum heissen Kaffee. Nach dem Fruehstueck sehe ich, dass jemand in dem kleinen Ofen, der das Wasser fuer das Badehaus beheizt, tatsaechlich den riesigen Stamm angezuendet hat und geniesse eine tolle, warme Dusche dort, wo ich sie am wenigsten erwartet und am meisten gebraucht habe. Fruehstueck, Zusammenpacken, Losfahren - das wird jetzt wohl Routine. Eine weitere lange Fahrt liegt vor uns, raus aus Tansania und an die Ufer des Malawisees - ein Reiseabschnitt, auf den ich mich besonders freue. Malawi ist ein Land, das ich gern sehen wollte, aber in das man nicht einfach so fliegt, sondern es bestenfalls auf solchen Touren wie dieser durchquert, denke ich. Dahin werde ich wohl so schnell nicht mehr zurueckkommen, deshalb will ich es vom ersten bis zum letzten Moment geniessen und hoffe, dass es mir mehr Glueck bringt als Tansania.

Was zunaechst mal sehr positiv auffaellt ist der besonders einfache Grenzuebergang. Hier muss ich zur Abwechslung mal kein Visum kaufen, sondern nur einen kleinen Papierschnipsel ausfuellen. Im Gegenzug bekomme ich zwei kreisrunde Stempel in meinen Pass, schoen irgendwohin, wo schon viele Stempel sind und nicht mitten auf eine neue Seite. Die Grenze haben wir einigermassen spaet erreicht angesichts unseres fruehen Starts, doch gewinnen wir wegen Zeitzonenuebertritt eine Stunde zurueck und kommen deshalb schon gegen 16 Uhr in unserem neuen Camp Chitimba an.

Aber von Beginn an: Die Landschaft heute ist ein Highlight. Und Sam faehrt auch die ganze Zeit hinten im Truck mit, sodass es trotz Geruckel und Serpentinen eine angenehme Panoramatour wird und es Spass macht, einfach nur aus dem Fenster zu schauen. Wir halten eigentlich nur an der Grenze - zum Lunch haben wir heute morgen Sandwiches eingepackt und kaufen zwischen drin noch ein paar Snacks, die die fliegenden Haendler wie gewohnt an die Fenster des Trucks tragen. Tansania praesentiert sich huegelig bis bergig mit tollen Panoramen hinter jedem neuen Huegel. Die Gegend ist jetzt auch deutlich weniger besiedelt - das heisst nicht ausgestorben, aber deutlich weniger voll. Wir ueberfahren einen Fluss - dann heisst es Ende mit Tansania, neues Land, neues Glueck.
Im Gegensatz zum Grenzuebertritt Kenia - Tansania sieht Malawi nun tatsaechlich anders aus. Es beginnt damit, dass die bunten Werbetafeln fuer Cola, Telekommunikation und co aus den Doerfern verschwinden und ein grosser Teil des Wellblechs. Die Haeuser sind entweder aus Lehm oder aus lehmfarbenen Steinen gebaut und haben Strohdaecher, die weit ueberhaengen. Alles ist sehr sauber und ordentlich, manche Huetten haben sogar Sprossenfenster, gardinen und ein paar Pflanzen in einem geplget abgegrenzten Vorgarten. Die Szenerie erinnert mich sehr an Suedostasien. Wir sehen Reisfelder und gebueckt darin arbeitende Leute (sogar mit Spitzhut!), Bananenplantagen, magere Kuehe auf den Strassen, sanfte Huegel und Berge in der Ferne, Bambuspflanzen und Wasserlaeufe mit darin planschenden Kindern und waschenden Frauen. Und dann, nach einer Weile, den blau strahlenden See in der Ferne und flach dahin abfallendes, ueberflutetes und (dank Suesswasser) sehr fruchtbares Land (Reis!).
Malawi soll ja aermer sein als die Laender bisher und ist es wahrscheinlich auch. Gerade eben gab es einen Regierungswechsel und das Land ist nun das zweite in Afrika mit einer Frau an der Macht - die eine grosse Hoffnungstraegerin ist. Die Waehrung (namens Kwacha, sehr lustig) wurde auf etwa die Haelfte entwertet und die Leute haben es auch deshalb gerade nicht einfach - blicken aber, soweit ich das beurteilen kann, geduldig und positiv nach vorne und verstehen, dass sie erstmal durch ein Tal muessen bevor es bergauf geht.
Moeglicherweise ist es gemein zu sagen, dass es gerade der Vorsprung ist, den Kenia und Tansania gegenueber Malawi haben, der die beiden der Romantik beraubt, die Malawi noch total besitzt. Man kann sich nicht satt sehen an der wunderbaren Landschaft und es gibt nichts aber auch gar nichts, das darin stoert (Werbetafeln, Plastikmuell etc). Daher muss ich ehrlich sagen, dass es mir aus Touristensicht auf Anhieb besser gefaellt. Die Leute, als wir sie dann treffen, sind superfreundlich. Immer noch recht aufdringlich, wenn es um den Verkauf von Dingen geht und relativ ignorant gegenueber der Tatsache, dass man ihre Gesellschaft nicht unbedingt bei jedem Strandspaziergang wuenscht, aber generell sehr nett und offen. Und (das ist das grosse Plus) fotographieren lassen sie sich echt gern.
Frueher oder spaeter biegen wir von der Hauptstrasse (essentiell ein unmarkiertes Asphaltband von der Breite einer durchschnittlichen deutschen Parkhauseinfahrt) ab Richtung See, neben einer hohen, flachen Erhebung, und schaukeln uns froehlich zu unserer ersten Unterkunft in Chitimba. Dabei kommen wir durch ein kleines Dorf, dessen Bewohner uns froehlich zuwinken. Der Campingplatz besteht aus viel Freiflaeche zum Zeltaufbau, einem Haupthaus mit Bar, und einem breiten, wunderschoenen Strandabschnitt mit Lagerfeuerplatz.

Es gibt Vorteile, quasi die einzige Reisende auf einer Tour zu sein (dem Iren ist ja sowieso alles egal). Zum Beispiel kann ich mitbestimmen, wann wir morgens losfahren oder fruehstuecken, ich bestimme, was es zum Abendessen gibt, ich kann meine Klamotten quer ueber 12 Sitze verteilen (zur Zeit begnuege ich mich mit vieren), und ich muss mich an keine strenge Routine halten, die noetig waere, um groessere Gruppen zu organisieren. Deshalb muss ich unter anderem auch nicht gleich ein Zelt aufbauen, wenn wir aus dem Bus springen, bzw. auch gar kein Zelt aufbauen, wenn ich nicht moechte. So wie heute.
Vermutlich liegt es daran, dass die Hauptstrasse die einzige einigermassen gescheite Nord-Suedverbindung durch Malawi ist und damit eine wichtige Verkehrsader zwischen dem suedlichen und oestlichen Afrika. Jedenfalls fahren nicht nur haufenweise LKW hier entlang, sondern auch Vehikel wie unseres, die Reisende auf Campingsafaris in Nord-Sued- oder Sued-Nord-Richtung durch die Lande kutschieren. Hier in Malawi treffen wir einen Haufen davon. Mit uns in Chitimba sind einige andere Fahrzeuge, unter anderem auch meine Alternativreise. Einige Trucks haben, anders als unserer, kein festes Dach und Scheibenfenster, sondern stattdessen eine grosse Plastikplane, andere sehen ziemlich luxurioes aus, kosten aber wahrscheinlich auch mehr. Ich treffe eine Gruppe Maedchen aus dem Plastikplanenbus - insgesamt acht Stueck und aus England, Australien und Kanada, etwa in meinem Alter - mit der ich mich gut verstehe. Wir fahren ungefaehr die gleiche Strecke, sie immer einen Tag voraus, deshalb werden wir uns jetzt wohl des Oefteren treffen, das ist eine schoene Aussicht. Die Maedels erzaehlen mir, wie seltsam und langweilig es sei, keine Jungs dabei zu haben, und dass ein Truck derselben Gesellschaft mit exakt acht Jungs, aber keinen Maedchen in die andere Richtung fahre (man habe das fluchend herausgefunden, als man sich auf der Strasse traf). Ich persoenlich waere auch ohne Jungs ganz gern mit dieser Gruppe unterwegs.

So richtig im wahren Afrika ist man jedenfalls nicht mehr unterwegs, wenn man diese Zeltplaetze betritt, die nie von Schwarzafrikanern gefuehrt werden. Hier ist es ein Belgier. Seine Nichte aus den Niederlanden ist da, ein Maedchen, das bei meinen Eltern um die Ecke wohnt, abgesehen von der Tatsache, dass eine Staatsgrenze dazwischen verlaeuft. Wir verstehen uns prima, und spazieren gemeinsam durchs Dorf, um Fotos zu machen. Vor der Tuer befindet sich eine Schnitzereiwerkstatt, deren Besitzer uns unbedingt dazu ueberreden will, dass wir uns einen Schluesselanhaenger schnitzen. An sich eine sicher spannende Sache - aber was mach ich dann mit dem Ding? Auf der Hauptstrasse wird es inzwischen geschaeftig. Weniger mit motorrisiertem Transport, aber Fahrradfahren scheint die Fortbewegung der Wahl zu sein - so stell ich's mir in China vor. Leute radeln und laufen in beide Richtungen die Strasse entlang, wo es weit und breit nichts zu sehen gibt, was den Eindruck erweckt als sei es das wahrscheinliche Ziel. Ich wuerde mich gern anschliessen und die Gegend erkunden (man kann auf die Erhebung wandern, nach Livingstonia, wo es wegen der Hoehenlage kein Malaria und deshalb ein Krankenhaus sowie offenbar eine tolle Aussicht gibt), aber es daemmert schon und wir machen uns auf zurueck ins Camp. Sam brutzelt uns ein supertolles Steak, das wir im alten Farmhaus in Tansania, unserer letzten Unterkunft, gekauft haben, mit kleinen Grillkartoffeln mit Schale. Dann verbringe ich einen gemuetlichen Abend schwatzend mit anderen Campbewohnern am Lagerfeuer. Es ist kuehl nachts in Malawi, und ich muss mich richtig dick einpacken. Aber deshalb ist die Chance auf Malariamuecken gering und ich kann draussen unter freiem Himmel schlafen.

Der naechste Tag wird ein ruhiger Strandtag. Sam und ich spazieren im Sand herum und sie macht mit ihrer Spiegelreflex tolle Bilder von waschenden Frauen am See, darin planschenden Kindern, Fischern, und jungen Frauen mit Babys auf dem Arm. Da ich beim Knipsen daneben stand, denke ich, darf ich die auch als "meine" Fotos verwenden. Ich kuemmere ich endlich mal um meine Waesche und trample in selbiger eine Weile herum, waehrend eine lokale Frau recht ungluecklich fragt, ob sie das nicht fuer mich machen kann. Viele der Leute auf Durchreise lassen ihre Kleidung gern gegen ein geringes Entgelt von den Frauen hier im See waschen - schoen sieht das aus, wenn sie dann, die grossen Waeschebuendel auf dem Kopf balancierend, zurueck ins Camp kommen. Aber irgendwie will ich gern Leitungswasser zum Waschen verwenden. In den See gehe ich erstmal nicht. Es gibt darin einen komischen Parasiten, der auf Schnecken lebt und sich, wenn man Pech hat, im Koerper einnistet und die Organe befaellt. Dort wo Wellen sind, ist die Chance, sich das Ding zu fangen, angeblich gering. Unter den suedwaerts Reisenden bricht eine Diskussion aus, ob man nun denn dann ins Wasser gehen sollte oder nicht - diejenigen, die aus selbigem Sueden von unserer naechsten Destination Kande kommen, sagen, spaetestens da koenne man sich nicht mehr weigern, weil es so toll sei, und waren alle schon drin. Ich beschliesse fuer mich einen Kompromiss: Auf dem Weg nach Kande gibt es eine Apotheke, die guenstig das Gegenmittel verkauft, welches den Parasiten zu 100% ausrottet. Wenn ich das Zeug sicher in den Haenden halte, gehe ich rein und nehm die Pillen danach, nur um sicher zu gehen. Die meisten anderen machen es entweder genauso, oder nehmen einfach gar nichts. Heute in Chitimba ist's mir zum Baden eh zu kalt.

Die Zeit vergeht furchtbar schnell. Am zweiten Abend vermisse ich die Maedels aus dem Plastiktruck, die am Morgen aufgebrochen waren. Ich finde andere Gesellschaft, die nett, aber lange nicht so cool ist. Dafuer gibts fuer mich heute ein gutes Bett - in der Bar hat es hinten eine Sitzgruppe mit 2x1-Meter Matratzensofas und kuscheligen Kissen. Letzteres in mein Strandtuch eingeschlagen und ersteres mit zur Decke umfunktioniertem Schlafsack belegt, gibt das Ganze ein tolles Bett, das eher an ein Hotelzimmer erinnert und mal definitiv bequemer ist als ein Zelt. Ich schlafe entsprechend unendlich gut.

Iringa


Ok, heute hatte ich einen langen Tag im Bus, nochmal viel ueber Sansibar nachgedacht und beschlossen, die Erzaehlungen von dort sind etwas zu kurz gekommen. Deshalb hier zuerst nochmal ein paar Erinnerungen von dort mit einem Tag Abstand:
Ich hatte auf der Faehrueberfahrt mit einer modernen Schnellfaehre (Preis: 30 US-Dollar one way) geschlafen und damit wohl der Seekrankheit entgegengewirkt. Auf der Insel angekommen landen wir in Stone Town, was offenbar so heisst, weil es zu Bauzeiten die einzige Stadt war, die tatsaechlich auch aus Stein gebaut wurde (im Gegensatz zu Lehm, Holz und was auch immer). In Sansibar muss man nochmal separat einreisen, obwohl die Insel zu Tansania gehoert - das wolln sie dort aber nicht so ganz einsehen und gegebenenfalls auch bald aendern. Meinen Stempel kann man leider kaum lesen, wie schade! Gluecklicherweise muss ich aber nichts bezahlen, so wie der Ire - und das, obwohl ich auf meinem Ticket ja faelschlicherweise auch Irland als Nationalitaet stehen habe. Ich denke mal, der Pass ist aber das verlaesslichere Dokument und das sehen die Sansis auch so (keine Ahnung, ob Sansis wirklich so heissen, aber ich nenn sie mal so).
Wir sind in einem kleinen Hotel untergebracht, das wir nach einem kurzen Fussmarsch durch die sehr engen Gassen erreichen. Im Zimmer finden sich zwei schoene, geraeumige Betten mit Moskitonetz. Es mangelt an Tageslicht und Warmwasser - aber hey, es ist ein Hotel, und als solches schon mal besser als ein Zeltplatz. Ich packe mich nochmal ein in meine wohl eigenwillige islamo-style Mode, an die ich mich in Kenia gewoehnt hatte - sozusagen das letzte mal, denn nach Stone Town geht es schliesslich in religioes wesentlich moderatere Gebiete. Wir haben die Moeglichkeit (fuer 25 Dollar), an einem gefuehrten Stadtrundgang teilzunehmen. Mach ich aber nicht. Erstens sind 25 Dollar nach Kenia eine ganz ordentliche Hausnummer, und zweitens - laufen kann ich auch allein. Deshalb seile ich mich nach dem gemeinsamen Milchshaketrinken mit der Gruppe in einem suessen, westlichen Cafe ab und will die Stadt allein erkunden. Doch lang bleibt man in Afrika ja nie allein. Ein etwas schmuddelig aussehender Kerl in fleckigen Hosen und zerrissenem T-Shirt ist sofort an meiner Seite und ich mache den "Fehler" ihm zu sagen, ich wolle "nur laufen". Das Resultat ist eine anderthalbstuendige Privatstadtfuehrung - ueber die Gewuerzmaerkte, in Tempel, Moscheen und eine Kirche, den Fleisch- und Fischmarkt (Rinderkoepfe und so), und durch viele, viele bunte Gassen vorbei an den offenbar bekannten handgeschnitzten Tueren und Pforten. Mein Guide handelt freundlicherweise viele schoene Fotomoeglichkeiten fuer mich aus, und die Einheimischen reagieren mir gegenueber ausserordentlich wohlwollend (viel Lob fuer die Kleidung eingeschlossen). Schliesslich endet die Tour mit einem Rundumblick von der Dachterasse eines Hotels, wo ich mir einen Masala Chai und meinem persoenlichen Guide eine Cola spendiere und dann noch ein paar Shilling in die Hand druecke, bevor ich ins Internetcafe verschwinde und die ersten Erlebnisse in den Blog packe (siehe Eintrag Sansibar). Dann suche ich mir in guter alter Gewohnheit MIttagessen to go an irgendeinem Strassenstand (heute: ein kleines Fladenbrot, trocken), flaniere die Touristenmeile entlang, lande dann in einem irrsinnigen Wolkenbruch, und kann mich gerade noch unterstellen. Mein Kleid ist die unteren 20 cm sowieso schon vollgesogen, aber ganz nass will man ja auch nicht werden, richtig? Die Schulkinder - Grundschueler alle in Blau und Creme, Schueler der hoeheren Schulen in Schwarz und Weiss - sehen das offenbar anders und lachen giggelnd durch den Regen nach Hause an uns vorbei. Uns (das ist eine franzoesische Touristin, mit der ich mich unterhalte, und eine Bettlerin, die mich nicht in Ruhe laesst bis ich ihr zwei Haehnchenspiesse am Stand nebenan kaufe, die diese eilig vor dem Regen unter das Blechdach gerettet hatten) bringt so schnell erstmal nichts mehr unter dem dach hervor.
Meine Gruppe treffe ich nachher zum Sonnenuntergang-bei-Cocktails-auf-der-Dachterrasse-Geniessen. Mit Sonnenuntergang ist nicht viel - Der Himmel wird von hellgrau einfach ein ganzes trostloses Farbspektrum entlang schwarz. Dafuer gibts die Cocktails zu Happy Hour Preisen. Dann beschliesst meine Gruppe, noch Abend zu essen (mir zu teuer), deshalb schaue ich etwas ungluecklich dabei zu und warte, dass wir im Anschluss endlich den Nachtmarkt besuchen. Der ist wie aus dem Nichts ploetzlich im Hafen erschienen und verkauft ausschliesslich Essen - jeder Stand so etwa das Gleiche: Fleisch- und Fischspiesse, Fladenbrot, Krautsalat, Pfannkuchen mit diversen Fuellungen und Zuckerrohrsaft. Ich finde irgendwo eine Kartoffelsuppe und futter erstmal die, waehrend sich die Maedels an einem Crepestand versammeln. Wieder ist jemand da und pumpt mich um ein Crepe an - ich geb ihm meine restliche Suppe, die nimmt er auch. Irgendwer hat offenbar ausgehandelt, dass wir unsere Bananen-Schokocrepes (muessen wir unbedingt probieren, sagt die Tourleaderin)  selbst machen duerfen, deshalb finde ich mich kurz darauf kochend auf einem sansibarischen (?!) Nachtmarktstand wieder. Schmeckt wirklich gut, das Zeug! Und eine coole Aktion ist es auch. Ich wuenschte, ich koennte das Bild hochladen!
Der Nachtmarkt war dann aber auch die letzte Aktion in Stone Town. Ich - seit der Busfahrt gestern an einer unschoenen Mittelohrentzuendung leidend - merke, dass mein Ibuprofen 600 in den letzten Zuegen liegt und verziehe mich ins Bett. Am naechsten Tag kann ich nur noch schnell ein paar Bilder im Hellen knipsen (die tollsten Motive, bunt gekleidete Frauen am Strassenrand und eine sehr alte Dame weigern sich aber, mir die Lizenz zum Foto zu erteilen, so schade), bevor wir die Insel in Richtung der Straende im Norden durchqueren.  Ich ergattere den Beifahrersitz und beobachte und knipse gluecklich aus dem Fenster Strassenszenen wie Maerkte, Schulkinder, und die lokalen Busse namens Dala Dala voller Leute und mit Gepaeck auf den Daechern. Die Fahrt dauert gute anderthalb Stunden, dann beziehen wir unser Domizil in Kendwa. Doppelbett mit vier Kissen und meine erste warme Dusche seit Ankunft in Afrika inklusive, dafuer aber leider mit viel Regen und viel zu viel Zeit in der ueberdachten Haengematte, um diese Helgolandueberlegungen machen zu koennen und zu nass, um anderswo an guenstigeres Essen zu kommen als im Hotelrestaurant.
Immerhin einmal im Wasser war ich - ein letztes Mal Indischer Ozean - kurz, bevor die Quallen kamen, und ein bisschen am Strand spaziert bin ich auch. der Rest verlaeuft ruhig und mit dem ein oder anderen netten Gespraech mit den mitreisenden Maedels, die wir Freitag alle auf Sansibar zuruecklassen wuerden.
Freitag ist ja dann mein oersoenlicher Pechtag. Ich haette es wissen muessen, als ich das falsche Fruehstueck, kalten Toast und fluessige Eier bekommen hab. Der Abschied, die magenaufreibende Schiffsreise,  und die Sache mit der Kamera insbesondere warn einfach zu viel. Uebrigens ging es nach dem Blogeintrag nicht allzu vielbesser weiter. Letztendlich entschied ich mich dafuer, nicht fuer 150 Euro eine Kamera zu kaufen, die in Deutschland mit zwei von fuenf Sternen bewertet ist und 50 Euro kostet. So gut ist meine Leihgabe von meinem irischen Mitreisenden auch - wenn auch nicht viel besser. Das Batteriefach geht staendig auf, insbesondere dann, wenn gerade das tollste Motiv vor der Linse ist und ich das Bild wirklich will. Und die Bilder kommen fast alle ueberbelichtet, nicht farbecht und meist auch unscharf raus, aber es geht. Die Sache mit dem Batteriefach sorgt fuer neuen Aerger, als ich mich abends aus Dar-es-Salaam aufmache in Richtung Campingplatz in Kipepeo (Dar war ganz schoen lebhaft, bunt, voll mit Stau und relativ modern, aber sonst nicht der grossen Rede wert). Ich sehe die Faehre und alle Leute rennen - also renne ich auch. Bis mir auffaellt, dass das Batteriefach wieder aufgegangen und die beiden Akkus rausgefallen waren. Ich kaempfe mich gegen den Strom von Leuten zurueck und suche, mit Hilfe einiger Einheimischer ("soooo sorry"), aber erfolglos. Das muss doch Murphys Law sein, oder? Einer ist nett genug mir seine Kamera zu leihen, und ich verliere den Akku am ersten Tag. Ich versuche, neue zu kaufen, doch in der Strandardgroesse AA ausgerechnet gibt es als einzige keine wiederaufladbaren Batterien (ich hab dann normale gekauft, die warn nach zwei Stunden leer). Durch den Wind wie ich bin, vergesse ich dann noch mein Buch in der Wartehalle der Faehre, gehe zurueck, verpasse die zweite Faehre, verliere meinen Kulturbeutel, der mir aus dem Rucksack faellt nur deshalb nicht, weil einer ihn mir hinterherbringt, und haenge schliesslich voellig fertig mit mir, dem Tag, und meinem Ohr (immer noch entzuendet) auf der Faehre mitten in deren Abgasen. Toll.
Aber auf der anderen Seite wird es dann besser. Ich finde einen sehr netten Motorradfahrer, der mich guenstig nach Hause bringt, und die Fahrt weckt Erinnerungen an schoene Abende in Kenia. Im Camp angekommen stolpere ich meiner Tourleaderin mit den Worten "Sam, I need Soul Food" entgegen - Dinner ist heute Abend im Tourpreis inbegriffen. Sie kauft mir ein Steak (entgegen der Bestellung leider durchgebraten, trotzdem lecker), und bietet mir dann an, mit ihr in der Huette zu schlafen anstatt im Zelt. Der Ire nimmt die Sache mit den Akkus entspannt. Sicher findet sich noch Gelegenheit, ihm auf unserer Weiterreise welche zu kaufen. Also unterm Strich ist alles am Ende nicht so schlimm - bis auf den Verlust meiner Kamera, respektive deren Funktion. Daraus, fuerche ich, werde ich jetzt einfach das beste machen und mich damit abfinden muessen. Heul.

heute dann geht es schon um 6 Uhr wieder weiter - das bedeutet Aufstehen um 5. War noch nie mein Ding. Ich sitze bibbernd vor dem Truck, geklammert an eine grosse Tasse Instantkaffee, aber immerhin ist mein Kreislauf heute mit mir aufgestanden. Vor uns liegt ein Tag Fahrt bis nach Iringa. Veranschlagt ist die Ankuft um 16 Uhr. Unser Truck ist ganz geraeumig und sogar gemuetlich - gepolsterte Sitze, sie sich zuruecklehnen lassen, Tische, Schliessfaecher fuer jeden, eine kleine Bibliothek und ein schwarzes Brett gibt es sogar. Jetzt, wo wir nur zu zweit sind, wirkt das Vehikel absurd gross. Sam, die Tourleaderin, setzt sich nach vorne ins Fuehrerhaeuschen, und ich bleibe hinten allein mit Michael, meinem irischen Freund, zurueck. Michael hat wegen der miesen oekonomischen Situation in irland offenbar das Angebot gekommen, fuer 12.000 Euro im Jahr seinen Job drei jahre lang nicht auszuueben und tourt nun schon seit zweieinhalb davon durch die Weltgeschichte. Der Vorteil ist, dass er echt viel zu erzaehlen hat - der Nachteil, dass er inzwischen auch entsprechend aussieht und vor allem riecht (ist das gemein?) Er raucht und trinkt viel in seinen freien Minuten, schlaeft in seinen Tagesklamotten und macht allgemein einen recht verschrobenen Eindruck. Ich meine, er ist nett und alles, aber ich haette gern noch etwas andere Gesellschaft - doch Sam laesst sich den ganzen tag nicht mehr hinten in der Passagierkabine blicken, also beschaeftige ich mich mit dem Ausblick.
wir brauchen allein drei Stunden aus dem Verkehrschaos von Dar-es-Salaam und diversen Satellitendoerfern hinaus. Dann wird die Landschaft langsam huegeliger, spaeter bergig. Die Haeuser seltener, lehmfarben, viele von ihnen markiert mit einem roten X (das bedeutet, zu nah an der Strasse gebaut und dem Abriss geweiht - findet sich auch auf Polizeistationen). An und an winken nun Leute - viele, aber nicht alle davon Kinder- dem Bus zu. Die Landschaft ist sattgruen, der Himmel blau, glitzernde Fluesse, die gut gefuellt ueber glatte Steige schaeumen, werden von Leuten zum Waschen besucht, die in ihren Huetten in der Gegend zwischen maechtigen Baobab-Baeumen hausen und auf geometrisch strukturierten Felden Reis, Mais oder Sonnenblumen anbauen. Bananen- und nananasplantagen saeumen sie Strassen, wo immer Menschen leben, unterbrochen von Wildwuchs, wo das mal nicht der Fall ist. Mit uns auf der Strasse befinden sich hauptsaechlich grosse LKW, die Seefrachtcontainer transportieren, und oft von der (korrupten) Polizei wegen angeblicher Probleme angehalten werden (in unserem Tourbudget ist fuer solche Faelle Schmiergeld eingerechnet) oder alle nase lang, genau wie wir, auf die Waage gebeten werden. In solchen Situationen entsteht dann immer eine lange Wartezeit, und in einer solchen daemmre ich weg - dank des fruehen Aufstehens.
Als ich das naechste mal aufwache, steht vor meinem Fenster ein Elefant. Also, in etwa 10 Metern entfernung, aber immerhin. waere dies ein Roman, wuerde ich schreiben, dass ich mir die Augen reibe, aber das tue ich tatsaechlich nicht. Vielleicht blinzle ich mal, dann angle ich nach Michaels Kamera. Das Tier - ein Bulle- schaufelt gemuetlich und voellig uninteressiert an der Strasse mit dem Ruessel Gruenzeug in sich hinein und faechelt mit den Ohren. Unsere heutige Tour fuehrt etwa 50km lang durch einen Nationalpark, und offenbar haben wir Glueck. Meine erste Begegnung mit der afrikanischen Tierwelt beziffert sich nachher auf mehrere Elefanken und zwei Giraffen am Strassenrand, sowie noch vielen Giraffen, Zebras, Antilopen und noch dem ein oder anderen elefanten in etwas weiteren Entfernungen. Ich glaube, meine naechste Kamera bekommt ein Teleobjektiv. Ich hocke auf dem Tisch im Truck mit der Nase aus dem Fenster und schaue mich begeistert um. Die Bilder meiner bisherigen Mitreisen aus der Serengeti letzte Woche sind so atemberaubend, dass ich hoffe, ich kriege nur annaehernd so viele Viecher zu sehen wenn ich in zwei Wochen im Kruegerpark meine eigene Safari mache. Aber das hier ist ein guter Vorgeschmack, ich bin rundum zufrieden.
Etwas spaeter wird es langweilig, denn die Sonne geht unter und wir sind immer noch nicht da und ich immer noch mit Michael allein hinten im Truck. Erst um halb acht kommen wir an - ein Zelt wird aufgebaut. "Wer schlaeft da?", frage ich. "Du", heisst es. "Wer noch?" - "Niemand". Na super. Ich dachte, ich teile jetzt oefter mal das Zelt mit Sam, aber die kriegt als Tourleaderin offenbar oefter mal eine feste Unterkunft. Ich fuehle mich ziemlich einsam und allein da draussen in meinem Zelt, wie eine Aussaetzige. Ich dache, Michael hat sich vielleicht auch in eine stabilere Unterkunft hochgebucht, bis ich feststelle, dass er vorhat einfach ohne Zelt neben dem Truck zu schlafen. Das beruhigt mich irgendwie.
Wir kochen Spaghetti mit Gemuese-Hack-Sosse und futtern ziemlich spaet. Dann muss abgespuelt werden - alles was seit dem Fruehstueck dreckig wurde - und wieder zusammengepackt. Waere mit mehr Leuten sicher auch schneller gegangen. Dann verschwinden alle ins Bett. Ich will noch nicht so wirklich. In der Broschuere stand irgendwas von wegen, dieser Campingplatz sei landschaftlich toll (davon sehe ich im Dunkeln nichts) und haette eine tolle Buschbar mit beruehmter Amarula-Hot-Chocolate. Ich suche danach und treffe an der Bar auch noch ein nettes Paerchen, vermutlich die Besitzer, und unterhalte mich gluecklich das erste mal an diesem Tag vernuenftig mit jemandem (mit zu Hause war das wegen der miesen Telefonverbindung heute mehrfach gescheitert, leider). Die heisse Schokolade ist auf Wasserbasis - deshalb trinke ich nur den Amarula, das muss man wohl tun, wenn man schon mal in Afrika ist. Ich trinke sonst wenig oder fast gar keinen Alkohol, aber solches Suesszeug ist ja auch eher ein Nachtisch, richtig? Der Sternenhimmel hier draussen ist bombastisch. Ich ueberlege eine ganze Weile, ob ich wie Michael einfach draussen schlafen soll, beschliesse dann aber einfach mein Kuppelzelt offen zu lassen und auf dem Ruecken liegend nach draussen zu schauen. Mir ist naemlich echt kalt hier im Hochland!
Ich dachte, nachdem ich den kanadischen Winter ueberlebt hatte, jetzt kann mich nichts mehr schocken. Aber ich war offenbar zu lange im heissen Kenia, als dass mir die tansanischen Hoehenlagen jetzt als willkommene Abwechslung erscheinen wie den andern. Sam laeuft noch munter in kurzen Hosen umher als ich schon laengst Socken, Jeans, und ueber meinem T-Shirt einen Pulli, eine Strickjacke und ein Fleece trage. Das Fleece wird mit passender Hose auch zum Schlafanzug erklaert, dann krieche ich in meinen (kanadischen) Schlafsack und bibbere ihn eine Weile warm, bevor ich meine erste Campingnacht der Tour alleine verbringe.  Doch die ist dann schoen warm, ruhig, trocken, und im vergleich zur letzten sogar fast lang...

Freitag, 18. Mai 2012

Dar-Es-Salaam

Um nochmal auf diese Helgolandsache zurueckzukommen - nicht ohne zu erwaehnen, dass ich noch nie auf Helgoland war, aber bestimmt mal hinsollte - unterm Strich gesehen ist Sansibar wahrscheinlich schon die dezent coolere Insel. Obwohl Helgoland sicher seine coolen Seiten hat, so ist es nicht, zum Beispiel einen Aufzug mitten auf der Insel und so. Dafuer darf man auf Sansibar Fahrrad fahren... ich weiss es nicht genau. Immerhin heute, am letzten Tag, hat sich das Wetter gnaedig gezeigt und nochmal die Sonne rausgeschickt. Das Baden fiel dann aber wegen Feuerquallen ins Wasser (no pun intended.... oder so).
Heue ist einfach nicht mein Tag. Gestern war da schon besser. Ich hatte mich mit Sansibar abgefunden. Versteht mich nicht falsch, Sansibar hat tolles Leben und Kultur und lustige Busse und nette Menschen, spannende Architektur und tolle Straende. Also es ist keinesfalls nicht haesslich - nur eben auf eine wenn-das-meine-Flitterwochen-waeren-waere-ich-enttaescht Art. Das wuerde bei Flitterwochen auf Helgoland immerhin nicht passieren, da faehrt niemand mit grossen Erwartungen hin. Andererseits, wer macht schon Flitterwochen auf Helgoland?
Wie auch immer, gestern war der letzte Abend gemeinsam, mit den beiden Neuseelaenderinnen und der leicht durchgeknallten Australierin und wir hatten uns ein privates Grillen organisieren lassen. Wenn ich "Grillen" und "Sansibar" hoeren, dann denke ich irgendwie an Korbstuehle im Sand, Lagerfeuer, frischen Fisch und schoenes Gebrutzel. So ganz sah das nicht so aus nachher. Wir gingen ums Eck zu dem Freund eines Freundes eines Freundes von irgendwem, den wieder irgendwer kannte, ewig weit weg vom Strand, und als wir kamen war das Essen schon fertig. Und nichts davon war gegrillt. Ich meine, es war lecker und alles, aber eben kein Barbecue am Strand. Und fuer mein Budget fuer das was es war einfach zu teuer. Am Tag davor hatte ich mir eine ganze Menge tolles Essen vom Mund abgespart, einfach weil die Preise nach Kenia (selbst verglichen mit den Strandrestaurants dort) so ueberzogen waren - und jetzt hab ich einen aehnlichen Preis fuer ein wesentlich uncooleres Essen bezahlt, das aergert mich.
Ich glaube das ist mein Hauptproblem mit Sansibar. Wenn ich "Gewuerzinsel" hoere, dann erwarte ich Marktstaende mit Weidenkoerben prall gefuellt mit Muskatnuessen und bunten Pulvern, die mit Messingwaagen abgewohen werden, aufgehaengten Nelkenbuendeln und schrumpeligen Vanilleschoten, vorsichtig in kleinen Portionen aufbewahrte knallrote Safranfaeden und den Duft von frischem Kardamom. All diese Gewuerze gab es dann auch - nur eben in fertig abgewogenen Portionen, luftdicht in Plastiktueten verpackt und zu Fixpreisen angeboten - alles das nicht besonders attraktiv fuer die Kamera. Und wenn ich "North Beach" hoere, dann denke ich an blaugruenes Wasser mit Fischerbooten, Palmen und mit Blueten dekorierte Cocktails am Strand - und nicht an Regen, Feuerquallen und Obstsaft in denselben Flaschen abgefuellt, aus denen Gaeste gerade noch ihr Mineralwasser getrunken haben.
Immerhin aber hab ich ein sehr nettes belgisches Maedchen kennen gelernt, die schon seit drei Jahren in der Gegend wohnt und mir versichert, es sei toll. Ich hab wahrscheinlich einfach nur Pech. Und miese Laune, und das obwohl der Tag mit der Sonne so gut anfing. Ich versuche naemlich gerade, mich von 2,5 Stunden Martyrium (alias Seekrankheit) ausgeloest von der Rueckfahrt zu erholen. Gerade als ich wieder sicher war, ich wuerde tatsaechlich etwas essen koennen und mir in den Strassen von Dar-es-Salaam mein wahrscheinlich vorerst letztes Pilau kaufe, kippt mir beim Nachsalzen der gesamte Streuerinhalt ins Essen und macht es ungeniessbar. Zwei Euro muss ich trotzdem dafuer zahlen.
Aber das Allerallerschlimmste ist, dass seit heute Mittag meine tolle, treue Fotokamera irgendwie nicht mehr will. Sie gibt einen "Zoomfehler" aus und will nicht mehr fokussieren.Ich habe wirklich alles versucht, was mir eingefallen ist, aber sie weigert sich hartnaeckig Bilder zu machen. Ich hab sie echt lieb, die Kamera, hab sie geschenkt bekommen fuer meine Reise nach Suedostasien und das Ding war inzwischen echt ueberall. Einen Diebstahlversuch hat sie ueberlebt und die Gischt der Niagarafaelle. Selbst das Getatsche hunderter kenianischer Kinderfinger. Zwar hatte sie inzwischen Flecken in der Linse, aber die Fotos waren qualitativ einfach toll. Und jetzt will sie einfach nicht mehr, ich koennte heulen!
Ich laufe schon seit Stunden durch Dar und suche Ersatz - denn was soll eine Reise ohne Erinnerungen daran mit heim nehmen zu koennen? Doch gibt es hier nur Schrottkameras zum doppelten Preis, den sie in Europa kosten, sagt das Internet. Und das Internet sagt auch, dass mein Modell sich von einem "Zoomfehler" nicht mehr erholt. Ich weiss nicht, was ich machen soll - nachdem ich der Meinung war, das Ganze sei immerin ein Problem, das sich mit Geld loesen laesst und somit eins der besseren Probleme ist, die man so haben kann. Immerhin hab ich keine bereits gemachten Bilder verloren, oder so. Und immerhin hat mir mein Mitreisender, der Ire namens Michael, seine Zweitkamera ausgeliehen, sodass ich wenigstens Fotos machen kann. Aber die Qualitaet ist einfach nicht vergleichbar.
Ich werde jetzt wieder raus gehen und versuchen, ein gescheites Einkaufszentrum ausfindig zu machen, dann zurueck ins Camp fahren. Ab heute geht das Campen los, die naech18 Tage, und ich werde mein erstes gescheites Bett erst wieer in Deutschland sehen. Das ist ein komischer Gedanke nach zwei Naechten im Hotel, der ersten warmen Dusche in Afrika und 200x180cm kuscheligem Matratzenplatz ganz fuer mich allein. Ab heute geht dann auch die Vollpension los - das heisst, kochen im Camp, kein Restaurant mehr, das zu viel kostet. Und es geht los auf grosse Fahrt, weg vom indischen Ozean, erste Station: Iringa. Die Landschaft wird sich ganz schoen aendern, jetzt geht es richtig los, ab in den Busch. Ich hoffe, dass ich noch eine Loesung finde, wie ich von dort aus Fotos mit nach Hause bringen kann. Bitte drueckt mir die Daumen!


Dienstag, 15. Mai 2012

Sansibar

Heute morgen will mein Kreislauf irgendwie nicht so wie ich. Ich komme aus dem Bett - nur um mich 2 Minuten spaeter wieder hinsetzen zu muessen. Beim Umpacken (der grosse Koffer bleibt mit dem Tourbus und dessen Fahrer in Dar-es-Salaam, waehrend wir fuer drei Tage mit kleinem Gepaeck nach Sansibar reisen) geht es gerade so weiter. Was ist nur los? Ich erinnere mich dunkel an sowas wie Kreislauftropfen in meiner Reiseapotheke (haelt meine Mutter fuer essentiell) und pfeife mir ein paar davon rein. Hilft leider nicht wirklich. Ich torkle vor die Tuer - es ist immer noch dunkel - suche den Rest der Gruppe und finde ihn nicht. An der Rezeption nachfragend werde ich nicht verstanden - jaja, ich koenne gern ein Taxi haben. Ich komme mir vor wie diese Japaner in der Paulaner-Werbung ("Ich moechte diesen Teppich nicht kaufen... bitte"), und muss mich dann gleich schon wieder hinsetzen. Der Kaffeeduft lockt mich dann letztendlich auf die richtige Faehrte. Meine Gruppe hockt hinter dem riesigen Vehikel namens Tourbus und ist froehlich am fruehstuecken. Es gibt Toast und Kaffee, und das ist genau ds Richtige. Dem Kreislauf gehts etwas besser.
Ich raeume noch schnell meine Huette, dann quetschen wir uns in zwei Tuk-Tuks und rasen zurueck zur Faehre. Es ist gerade mal sechs Uhr und die Sonne geht gerade auf und enthuellt den wolkigen Himmel. Heute im Hellen erlaubt die Faehre es mir, Bilder zu machen (anders als die in Mombasa). Dar-es-alaam hat tatsaechlich so etwas wie eine Skyline. Ich glaube, die Stadt ist ganz cool - leider werde ich wenig von ihr zu sehen kriegen, fuercich. Derweil hatte Sam schon den ersten Stressmoment des Tages - die Polizei auf der Faehre will uns nicht mehr drauflassen, weil eins der Tuk-Tuks zu weit auf die Auffahrtrampe hinten rausragt. Da hilft nur eins: Schmiergeld. Wir kommen auf die Faehre, muessen aber aus dem Fahrzeug aussteigen. Der Ire war darin eingeschlafen und ist jetzt ungluecklich. Am anderen Ufer heizen wir weiter, zur anderen Faehre, die uns nach sansibar bringen soll. Die wartehalle ist klimatisiert und es riecht wieder nach Kaffee. Sam haendigt uns Tickets aus (ich heisse Ivy und komme aus Irland), dann geht auch schon los. Die meiste Zeit verbringe ich schlafend - offenbar hatte ich einiges Aufzuholen. Die Sessel sind bequem, der Innenraum klimatisiert, und das Ding setzt in nur zwei Stunden ueber, was ziemlich schnell ist.
Angekommen in Stone Town (und nach dem Abwimmeln der Gepaecktraeger) muessen wir eine separate Einreisekontrolle passieren. Zwar gehoert Sansibar zu Tansania, will aber doch irgendwie unabhaengig sein, und so checken sie nochmals Papiere und Gelbfieberzertifikat und packen einen Stempel in den Pass. Das wars dann - bis auf den Iren, der muss 50 Dollar fuer's Visum zahlen, warum auch immer, und ist gleich doppelt so ungluecklich. Wahrscheinlich sehen wir ihn deshalb den uebrigen Tag nicht wieder.
Vom Hafen kommen wir zu Fuss ins Hotel - es ist ein einfaches Hotel, aber nach der Campingtour, die meine Mitreisenden hinter sich haben, eine ziemlich schicke Sache. Ich bekomme ein Zimmer mit Kim aus Australien. Sachen abladen und nichts wie raus nach Stone Town! Vor allem, da es erst halb elf ist. Leider spielt das Wetter nicht mit. Stone Town sieht spannend aus, die Haeuser stehen eng beisammen, sind allesamt mehrstoeckig und haben Balkone aus kunstvoll geschwungenem Eisen und Tueren aus Holz voller Schnitzereien. Die durch die Strassen wuselnde Bevoelkerung ist auf den ersten Blick als zu 99% muslimisch erkennbar. Wir, das heisst, die weiblichen Tourmitglieder, beschliessen es nach dem fruehen Aufstehen ruhig angehen zu lassen und beginnen den Tag nochmal mit einem zweiten Fruehstueck (in Form von Obstshake bei mir). Dann zerstreuen wir uns. Die Kiwis nehmen an einer gefuehrten Spice Tour teil, der klassischen Art, Stone Town zu entdecken. Ich finde, ich kriege das auch ohne Fuehrung hin, und laufe gemuetlich los. Lange dauert es nicht, dass mich jemand anspricht, und auf meine Aussage hin, dass ich gerne die Stadt zu Fuss erkunden will, mir nicht mehr von der Seite weicht. Ich bin erst etwas genervt (sicher will er auch wieder Geld), aber der Typ ist echt nett. Er fuehrt mich durch alle Strassen, zu allen Moscheen, Kirchen und Tempeln, pikturesken Seitengassen und Plaetzen, ueber den Markt, und ueberall sorgt er dafuer, dass ich Fotos machen darf. Der Markt ist mein Highlight. Es beginnt mit dem Fischmarkt, wo sie wirklich alle moeglichen Sorten Meetrestiere verkaufen. Esist eng dort und laut und es stinkt, aber es ist definiv super zu sehen, wie die Menschen dort sitzen und feilschen und ersteigern und was man eben so macht auf einem MArkt. nebenan in der Fleischhalle fotographiere ich Rindskoepfe und kann meinen Guide gerade noch davon abhalten, einen fuer mich hochzuhalten. Echt eklig! Draussen schliessen sich ein Obstmarkt mit kunstvoll gestapelten Fruchtskulpturen, die obligatorischen Gewuerze und bunten Tuecher an, sowie etwas weiter hinten eine dunkle Baracke voller Weidenkoerbe mit Huehnern darin. Im Hinterhof hocken Frauen und kochen Suppe aus den Eingeweiden, und ich gehe lieber schnell wieder. Die Leute sprechen mich weitgehend auf Suaheli an, und ich grabe meine paar Brocken hervor. Der ein oder andere arabische Gruss kommt auch und meine Antwort wird mit grossem Wohlwollen entgegen genommen. Wir sehen tolle, teure Wellnessoasen mit Kraeuterbehandlungen, Strassen, die ganz sicher fuer Touristen gemacht sind, viele kleine Laeden mit Kunsthanderk, Textil und Gewuerzen ueber Gewuerzen. Mir entgegen laufen Schulmaedchen in Uniformen, die weitgehend aus einem langen Kopftuch bestehen und machen mir Komplimente fuer mein Outfit.
Mein ganz persoenlicher Rundgang durch Stone Town endet auf der Dachterrasse eines Hotels - mit schoenen Fotomoeglichkeiten - und einem Gewuerzte (Masala Chai) fuer mich und einer Cola fuer meinen Begleiter. Klar. Aber es mcht mir nichts, ihm die zu spendieren. Ein bisschen Trinkgeld lege ich noch drauf, dann hat mein anderthabstuendiger individueller Rundgang mich etwa ein Zehntel dessen gekostet, was die Kiwis bezahlt haben. Ich bin voll zufrieden. Nur das Wetter macht wieder nicht mit.
Wobei, eigentlich sorgt der Regen, der inzwischen die unteren 20 Zentimeter meines Kleides erfolgreich durchnaesst hat, fuer eine ganz besondere Stimmung und entsprechend interessante Fotos. Versteht mich nicht falsch, wenn es morgen an den Strand geht soll bitte wieder die Sonne scheinen. Aber hier in der Stadt ist das Getroepfel nicht allzu schlimm.
Sansibar klingt, fuer mich jedenfalls, ja total nach Flitterwochen und weissen Traumstraenden undsoweiter. Stone Town, schoen wie es ist, sieht insbesondere im Regen jedoch noch kein bisschen danach aus. Auch nicht so, wie andere Hafenstaedchen mit engen Strassen und historischen Altstaedten, wie etwa Dubrovnik. Es hat seinen ganz eigenen Stil und Charme.
Ich gebe offen zu, dass alle meine Freunde wissen, wenn wir zusammen Trivial Pursuit spielen und sie wollen, dass ich eine Frage vermutlich nicht beantworten kann, dann nehmen sie die Kategorie Geschichte. Ich war gut in Geschichte in der Schule, aber eine wandelnde Chronik bin ich nicht. Trotzdem weiss ich, dass die Story, man habe irgendwann mal Sansibar gegen Helgoland getauscht, nur eine Halbahrheit ist. Bei dem Wetter heute jedenfalls waere der Tausch, der keiner war, ein kleines bisschen weniger schmerzlich zu betrachten - Regen wie heute kann man auch auf Helgoland sicher auch schoen haben. Ich bin mal gespannt, ob ich morgen am Strand noch dasselbe denke - oder ob der hier besser ist (was ich vermute, nichts gegen Helgoland).
Heute Abend jedenfalls wollen wir gemeinsam ans Ufer und den Sonnenuntergang anschauen, und so, wie es sich gerade aufklaert, koennte ds sogar klappen. Also, drueckt mir die Daumen! Wir lesen uns vom Traumstrand - hoffentlich.

Gruesse aus Sansibar
eure Ivy