Favour hätte ich heut gern mit an den Strand genommen, aber der Gottesdienst geht vor. Deshalb fahre ich allein los, eventuell wollen meine Eiermalfreunde von gestern dazustoßen. Um zehn wollten wir uns treffen, bis viertel vor elf warte ich, dann fahre ich dezent genervt alleine vor, suche mir ein nettes Plätzchen am Strand und packe mein Buch aus. Himmlisch.
Mariam und ihre Familie kommen nach. Ich versuche vergeblich, den Mädels das Schwimmen beizubringen und bekomme in der kurzen Zeit im Wasser den ersten leichten Sonnenbrand, obwohl ich die ganze Zeit so gut aufpasse.
schöner Platz am Strand |
Dennoch - je länger ich hier bin, desto mehr muss ich sagen, dass mir die Mentalität mancher Einheimischen uns Europäern (oder allesamt uns Weißen) gegenüber allmählich auf den Zeiger geht. Sicherlich tut das Verhalten einiger Besucher hier das Übrige dazu, aber ich möchte eben keine kenianische Urlaubsbeziehung, ich will auch keine Drogen kaufen, und ich brauche kein Taxi zum Strand, weil ich nicht am Strand wohne, fertig. Und selbst wenn ich an den Strand will, dann nehm ich das Matatu, wie alle andern auch. Letztlich kann ich auch nicht deinem Bruder, den ich nicht mal kenne, 5000 Euro für sein Medizinstudium geben, nur weil ich dir gerade eben 20 Cent Trinkgeld gegeben habe.
Dies gesagt, überlege ich mir, ob es eine gute Geschäftsidee wäre, hier T-Shirts zu verkaufen mit in etwa diesem Aufdruck:
- Nein, ich brauche kein Taxi/Motorbike/Tuk Tuk
- Nein, ich will nicht zum Strand
- Nein, du kannst meine Telefonnummer nicht haben
- Schön, aber ich liebe dich nicht, denn wir kennen uns nicht
- Tut mir leid, ich bin verheiratet, monogam sowie streng gläubig (zwei davon stimmen nicht, aber vielleicht hilft es ja)
- Nein, ich bin kein Tourist, ich wohne hier!
Das mit dem T-Shirt werde ich natürlich nicht machen. Aber mir tut es leid, dass ich dem ein oder anderen die Quintessenz des Obigen auch mal in einem etwas unwirscheren Tonfall verklickern muss, obwohl ich viel lieber freundlich wäre, dann jedoch nicht ernst genommen werde. Ich fürchte, nach einer Weile abzustumpfen.
Diese kurze, frustrierte Abhandlung soll natürlich nicht bedeuten, dass es mir hier nicht mehr gefällt - im Gegenteil! Die Leute sind hier ja einfach so freundlich und lebenslustig, dass es ansteckend ist, und ich würde mir schlicht wünschen, dass man sich einfach entspannt diesem Lebensstil hingeben könnte, ohne immer auf der Hut zu sein, für wen man nun ein wandelnder Geldsack ist und für wen nicht, oder zumindest nicht ausschließlich.
Natürlich kommt die kleine Ernüchterung weder aus heiterem Himmel noch unerwartet, sondern liegt einfach in einer kleinen Anhäufung solcher Situationen, wie die mit dem Matatugeld heute, begründet. Ich hoffe, dass ich einen guten Mittelweg finde, den Leuten vor Ort die dringend nötige Hilfe zu geben, ohne mich ausnutzen zu lassen, und entschuldige mich schonmal über dieses lange, öffentliche Sinnieren hier.
Überreichen der Patengeschenke aus dem fernen Deutschland |
Wir bleiben lange, weil es viel zu besprechen gibt. Ab Montag in einer Woche werde ich dann für 14 Tage im Heim aushelfen - immerhin kann ich mich jetzt schon darauf einstellen, wo ich dann schlafen kann und mit wem ich die Zeit dort verbringen werde. Ich bin gespannt auf diesen neuen Abschnitt, auch wenn ich noch nicht genau einschätzen kann, wie meine Aufgaben dort aussehen werden, aber darauf wird die Zeit ja eine Antwort finden.
Auch diesmal sind wieder Sponsoren aus Deutschland mit dabei, und ich bin beeindruckt, wie viele doch kommen, um ihre Schützlinge persönlich zu besuchen, und das sogar mehrfach. Andere Paten haben Geschenke geschickt, die nun unter den Kindern verteilt werden: Es gibt Puppen, Rucksäcke, Briefe, Fotos, und für jeden ein T-Shirt. Die Kinder sind schüchtern, aber insbesondere im grinsenden Gesicht der Kleinsten erkennt man doch deutlich die Freude.
Kinder mit den neuen T-Shirts |
Heute Abend mache ich Urlaub vom Urlaub. Ich freue mich sehr, dass Birgit mich in den Marula Park eingeladen hat, und ich dort einen Abend im Pool planschen, gescheit duschen und in meinem eigenen Bett im eigenen Zimmer schlafen kann. Ich betone ja immer gern, dass ich gern draußen in Ukunda im "echten" Afrika wohne, aber jetzt für das Wochenende ist ein kleiner Ausflug in den kleinen, vermissten, persönlichen Luxus ein absolutes Highlight, das ich sehr schätze. Nicht zuletzt der Tatsache wegen, dass es hier einen gescheiten Computer zum Bloggen gibt! Im Gegenzug (und natürlich, weil es mir Spaß macht), koche ich Abendessen.
Morgen habe ich dann zur Abwechslung mal rein gar nichts auf der Agenda. Wenn ihr also nichts von mir hört, ist das ein gutes Zeichen :)
Einen schönen letzten Osterfeiertag wünscht euch
eure Ivy
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