Sonntag, 27. Mai 2012

Chipata - Lusaka - Livingstone

Drei Tage quasi pausenlos im Bus - das ist die Bilanz der letzten 72 Stunden. Am Anfang beginnt es noch ganz ruhig. Der Malawisee liegt vor mir wie ein grosser blauer Spiegel, schimmernd und klar. Gegen neun wollen wir das Camp verlassen. Obwohl es noch frueh am Morgen ist (ich habe mal wieder draussen geschlafen und bin noch vor sieben von den Reinigungskreaften und der Sonne geweckt worden, aber immerhin nicht von der Sprinkleranlage wie nach der ersten Nacht) und dementsprechend frisch, ist der See so einladend, dass ich mich zu einem fruehen Bad hinreissen lasse. Das Wasser ist angenehm warm und ich bin die erste, die sich an diesem Morgen hineinwagt. Ich beschliesse, einfach so lange darinzubleiben, bis die Aussentemperaturen das Verlassen des Wassers angenehm machen. Anders als in den letzten drei Tagen geht heute kein Lueftchen, keine einzige Welle kraeuselt die Wasseroberflaeche, und um meine Fuesse sammeln sich einige bunte Fische, die ich problemlos von Ueberwasser scharf erkennen kann. Heute waere ein toller Tag zum Tauchen gewesen, verdammt. Aber so ein bisschen relaxter Fruehsport ist auch nicht schlecht. Die Sonne steht noch nicht allzu weit ueber dem Horizont, ein paar andere Reisende machen Yoga am Strand, die Fischer sind schon lange draussen auf dem Wasser - herrliche Morgenstimmung (ich bin kein Morgenmensch, ueberhaupt nicht. Wenn ich kann, verschlafe ich den gesamten Vormittag und lege meine Hauptarbeits- und Wachphase in die erste Nachthaelfte. Aber bei dieser Atmosphaere hier koennte man fast in Versuchung kommen, oefter vor Sonnenaufgang aufzustehen.... vielleicht). Ich schwimme ein paar Bahnen rauf und runter und mache ein paar komische Gymnastikuebungen in Antizipation der langen Fahrtage, die vor uns liegen. Als ich das Wasser verlasse, bin ich ein bisschen wehmuetig - das ist der letzte Strand fuer diese Reise, und der letzter Blick uebers Meer. Jetzt aber nix wie unter die warme Dusche. Die sind hier wirklich "warm" - und zwar so, dass man sich ziemlich verbrueht, denn das Wasser kommt kochend aus der Leitung und kaltes laesst sich nur begrenzt zumischen. Aber nach einer Weile gewoehnt man sich dran. Jetzt geniesse ich die heisse Dusche nach dem kuehlen Bad. Nach dem Fruehstueck wird zusammengepackt. Nach einer kleinen Schrecksekunde (Michaels Kamera mit meinen Fotos drauf war in eine Sitzfalte gerutscht und wir haben sie nicht gefunden) machen wir uns auf den Weg.

Der Abend zuvor war nicht besonders spannend gewesen. Die Plastiktruckmaedels und andere Trucks waren abgefahren, und ich habe zwar eine nette Australierin und Kanadierin kennen gelernt, aber es war nicht mehr viel mit Party in der Bar oder netten Gespraechen am Strand im Vergleich zu den Abenden davor. Stattdessen war mir ziemlich kalt. Wir waren mal wieder zum Essen eingeladen worden (diesmal Grillhaehnchen mit Roestkartoffeln) und ich hatte fast die ganze Zeit am Feuer verbracht und mich sofort danach in alles, was ich an Fleeceklamotten dabei hab gepackt in mein Schlaflager verzogen. Der Morgentau, der ueber Nacht meinen Schlafsack ziemlich durchnaesste, gibt mir Recht, dass es wohl tatsaechlich kuehl war.
Und dann beginnt Tag eins des grossen Streckemachens. Den finde ich noch super. Ich hocke auf dem Tisch einer Sitzgruppe im Truck und betrachte stundenlang nur die herrliche Landschaft draussen. Die meiste Zeit davon verbringe ich mit Winken - so viele Menschen am Strassenrand lachen und winken uns (das heisst mir, denn sonst ist ja niemand da) zu und ich will niemanden auslassen. Malawi aendert sein Gesicht gegenueber den bisherigen Eindruecken nicht mehr. Es ist weiterhin diese liebliche Landschaft, teils huegelig bis bergig, dazwischen wieder flach zum See hin abfallend, mit bewirtschafteten Feldern und strohgedeckten Haeusern mit gepflegten Vorgaerten und lachenden Menschen. Ich habe gelesen, dass die Lebenserwartung hier die weltweit geringste ist - nur Mitte dreissig sollen die Leute hier werden. Das ist tragisch, angesichts dessen wie schoen und sauber es hier aussieht. Ich kann mich jedenfalls kaum sattsehen und reize die miesen Batterien von Michaels Fotoapparat bis zum Maximum aus (was leider nicht viel ist, aber ein paar schoene Schnappschuesse gelingen mir trotzdem).
Wir biegen mehrmals ab und fahren vom See weg grob in Richtung Lilongwe, fahren aber kurz bevor wir die Hauptstadt zu Gesicht kriegen (leider) in eine andere Richtung. Ich bin noch ueberhaupt nicht bereit, mich von Malawi loszureissen, als wir urploetzlich schon vor dem Grenzposten stehen und ich unzeremoniell aus dem Land gestempelt und von Sambia ueberrumpelt werde. "Ueberrumpelt" heisst, nach Stunden dieser herrlichen, unverbrauchten und romantischen Landschaft und einem kurzen Stop in einem Haeuschen, in dem man 50 Dollar laest und dafuer einen Stempel in den Pass bekommt, erschlaegt einen ploetzlich ein westlicher Supermarkt neben einer westlichen Tankstelle und vielen haesslichen Werbetafeln. Nicht, dass ich Sambia den "Fortschritt" missgoenne - ich war nur einfach nicht darauf vorbereitet. Sambia klingt fuer mich nicht nach westlichem Supermarkt... Jedenfalls gehen wir in diesen Markt der Marke Spar und kaufen Joghurt und Saft und anderes Zeug zu Preisen, die mit sparen rein gar nichts zu tun haben und bei mir die Frage aufwerfen, wie bitte die Leute hier sich das Zeug leisten koennen? An der Brottheke stehen jedenfalls 20 Mann an.
Der Ort heisst Chipata (ich nenn ihn Chapati), und wir durchqueren ihn im Dunkeln bis hin zu unserem Camp fuer diese Nacht. Und wen treffen wir dort? Die Plastiktruckmaedels, so ein Zufall. Dabei waren die doch eine Nacht vor uns abgefahren? Wie auch immer, Wiedersehen macht Freude. Insbesondere, wenn es nicht besonders viel zu tun gibt. Die Maedels kochen Spaghetti, Sam ist zu faul zum Kochen und bestellt unserem Truck geschlossen Lasagne im Restaurant. Lecker ist sie, aber erstaunlich ist das Verhaeltnis von Nudeln zu Fleisch zu Sosse etc. Ich finde, haette man dasselbe Gericht unter dem Namen Kaesefondue verkauft, haette man sich genauso viel oder wenig gewundert wie ueber "Lasagne". Aber wer beschwert sich schon ueber viel Kaese nach 2,5 ziemlich kaesearmen Monaten? Ich jedenfalls nicht.
Ich beschliesse mein Nachtlager unter dem Spitzdach des Restaurants zu erreichten. Im Fernsehen laeuft eine ziemlich daemliche Sendung ueber Leute, die dumme, riskante Sachen tun und dabei zufaellig gefilmt wurden. Koennte mich nicht weniger interessieren - ich schlafe nach einer weiteren heissen Dusche, und ich fuerchte, es ist allerhoechstens halb neun. Dementsprechend bin ich am naechsten Tag frueh wach, und das obwohl ich nicht mal sonderlich gut geschlafen habe. Irgendwann in der Nacht gab es mal eindeutige Geraeusche und ein Gewackel, das mich vermuten laesst, dass ein bis zwei Leute in der Nacht auf dem Tisch neben meinem Nachtlager sexuellen Aktivitaeten nachgegangen waren. Ich bedaure ein bisschen meine Diskretion, nicht nachgesehen zu haben. Michael und ich sind neuerdings immer frueher fertig als unsere Crew - was vermutlich daran liegt, dass die immer laenger wach sind als wir und, in meinem, nicht aber Michaels Fall, wesentlich mehr trinken. Bei Michael schiebe ich's auf die Gewohnheit, dass der Alkohol ihn nicht umhaut.

Sam ist heute etwas kraenklich. Zwar bequemt sie sich mal wieder in den hinteren Teil des Trucks zu uns, schlaeft dort aber die halbe Zeit. Wir verlassen das Camp tatsaechlich fast puenktlich um acht Uhr morgens nach einem kurzen Fruehstueck. Ich habe noch ganz kurz Zeit, den Hasenstall und die Hundewelpen, die es hier gibt, anzuschauen, dann gehts wieder auf die Strasse.
Ausserhalb Chipatas ist Sambia sehr bald sehr ansehnlich. Die Landschaft ist weiter sehr huegelig. Man erkennt allmaehlich so etwas wie Jahreszeiten, denn die Laubbaume haben roetliche und gelbe Blaetter und es gibt weite Felder mit einer Art roetlichem Schilf, sodass das gesamte landschaftliche Farbspektrum ein waermeres ist. Und hier gibt es sie endlich: Die runden, typisch afrikanischen Haeuser aus Lehm mit den Strohdaechern aus meinen Kinderbuechern. Ich bin gluecklich. Ueberall in der weiten, lieblichen Natur schmiegen sie sich an die Haenge und in die fruchtbaren Felder, wo die Menschen gebueckt, wie immer die Babys auf den Ruecken gebunden, Mais, Reis, Bananen ernten. Vor den Doerfern liegen grosse Matten aus, auf denen der Mais getrocknet wird, junge Maenner treiben Ochsenkarren neben der Strasse entlang, Ziegen huepfen mal uebermuetig ueber die Strasse. Dann wieder geht es hinauf in die Berge, und fuer eine halbe Stunde ist keinerlei Zivilisation zu erkennen. Der schoenste Abschnitt der Strecke fuerht ueber eine Bruecke ueber den Luangwa (oder so) Fluss, und man erkennt kleine Boote auf dem Fluss und gruen-gelbe Haenge zu beiden Ufern, wieder mit runden Spitzdachhaeuschen besiedelt und dem ein oder anderen knallrot bluehenden Busch als wunderschoenem Farbtupfer dazwischen. Hier haette ich Rast gemacht, wenn ich koennte, aber das ist eben der Nachteil organisierter Touren - man muss dort stoppen, wo die Tour stoppen will, und so bleibt mir nur verzweifeltes Fotographieren aus dem Fenster, was die Schoenheit dieser Gegend leider nicht richtig einfangen will. Wo wir letztendlich stoppen, sind groessere Ortschaften (das heisst, etwa 100 Einwohner und etwas wie Vertrieb, anstatt 10 Einwohner und nichts ausser Landwirtschaft). Ich jedenfalls moechte meinen ersten Eindruck (Chipata) von Sambia revidieren - das Land ist herrlich, um hindurchzufahren und sich einfach nur daran zu erfreuen, was sich links und rechts der Fenster entfaltet.

Nach dem Mittagsstop lasse ich die kraenkelnde Sam und den hustenden Michael hinten im Truck zurueck und geniesse ein paar Stunden die Aussiecht vom Beifahrersitz, was mir auch die Chance gibt, Fahrer Rob etwas besser kennen zu lernen. Am fruehen Nachmittag erreichen wir Lusaka. Die Gegend ist inzwischen flacher geworden, und wir befahren die Stadt ueber einen extrem breiten, gepflegten Boulevard (ein Geschenk von Japan). Um Lusaka befindet sich einiges an landwirtschaftlicher Grossindustrie im Gegensatz zu den von Handarbeit bestimmten Kleinbetrieben ueberall sonst im Land. Aber nicht nur das macht Lusaka anders. Zum ersten mal in meiner Zeit in Afrika vergesse ich fast, dass ich eben dort bin - in Afrika. Wir passieren erst die Universitaet, ein schoenes, gruenes Gelaende mit einer internationalen Studierendenschaft, die darauf in der Sonne liegt und lernt. Dann besuchen wir ein Shoppingcenter. Hier gibt es eine menge Blechhuetten, die ein grosses Schild mit "Shoppingcenter" vor die Tuer schrauben, worueber ich jedes mal schmunzeln muss. Aber das hier ist wirklich eins. Ich brauche gar nicht beschreiben, wie es aussieht, wir alle kennen solche Dinger, denn genauso stehen sie ja bei uns. Auf der Fressmeile in einem Seitenfluegel mit Aussensitzbereich tummeln sich Menschen verschiedenster ethnischer Gruppen, Europaeer, Amerikaner, Asiaten, Araber, Inder und nicht zuletzt Afrikaner, letztere mit schicken Klamotten und gut gemachten Haaren (das heisst hier meist: Glatthaarperruecken).
Eine Dreiviertelstunde ist hier eingeplant. Ich haste durch das Center mit nur einer Mission: Kamera. Im ersten Laden, einer Art Woolworth/Realkauf (das heisst "einmal hin alles drin") ist eine Fujifilm im Angebot fuer 60 Euro ausverkauft - der Rest kostet doppelt so viel und aufwaerts und ueberzeugt mich nicht. Ich finde mich damit ab, dassich wohl einiges an Geld anlegen muss, aber dann will ich auch ein vernuenftiges Geraet. In einem Fachgeschaeft kaufe ich schliesslich eine Fuji Finepix JX500. Die sieht meiner alten Cam naemlich noch am aehnlichsten, ich kenne das Menue, weiss, wo sich die Knoepfe befinden und wie ich mit dem Ding umgehe. Einiges hat sich offenbar weiterentwickelt bei Fuji - der Akku ist nur noch ein drittel so gross und schwer, ebenso die gesamte Kamera. Es gibt noch viel mehr Modi und Funktionen, jetzt 14 Megapixel und optischen Zoom, den ich frueher nicht hatte. Ob ich mit der Bildqualitaet zufrieden bin, weiss ich noch nicht so genau, die Farben allerdings sind toll, und mit ein bisschen Uebung krieg ich bestimmt auch gute Fotos. Ich will gar nicht sagen, was ich fuer das Ding ausgegeben habe (ok: Knapp 170 Euro), und ich will auch nicht wissen, was der aktuelle deutsche Preis dafuer ist. Aber immerhin hab ich das Gefuehl, ich habe ein vernuenftiges Geraet (und ich habe eine SD-Karte und Tasche geschenkt bekommen), und der Kruegerpark und seine Viecher koennen kommen. Ich jedenfalls fuehle mich jetzt nicht mehr so nackig wie ohne Kamra und habe das Ding bis jetzt nicht mehr aus der Hand gelegt. Das war's wert.
Und wo ich schon mal grad in dem Shoppingcenter bin, wo es alles gibt, kaufe ich mir einen Packen Vollkornbrot. Das Toastbrot der letzten Wochen konnte ich noch tolerieren, insb. das braune. Aber die broeseligen Hamburgerbroertchen, die Sam heute gekauft hat, gehen echt zu weit. Interessant, was man so vermisst, wenn man es nicht hat. Ich habe fast drei Monate kein Schweinefleisch gegessen und das ist mir ziemlich egal. Aber was wuerde ich geben fuer ein Broetchen, das ein Geraeusch macht, wenn man hinein beisst! Wie auch immer, das Vollkornbrot kommt mal nicht aus Deutschland, sondern aus Suedafrika, ist aber trotzdem ziemlich gut essbar.
Auch Lusaka verlassen wir dann viel zu schnell. Dafuer ist der Campingplatz (nur wenige Meter ausserhalb der Stadt) schoen und gepflegt. Ein paar echte, grasende Zebras stehen herum, und es gibt einen Pool (natuerlich viel zu kalt!) und Baderaeume, die sehr australisch mit "Bruce" und "Sheila" beschriftet sind. Wir kochen unser Dinner, und ich packe meine Matratzen heute mal in einen kleinen Unterstand, der vermutlich dazu gedacht ist, bei Regen darin zu essen. Regen haben wir freilich - und gluecklicherweise - seit Sansibar keinen mehr gehabt, ist ja auch Trockenzeit.

Die Person, die kalkuliert hat, wir sehen zum Eurovision Song Contest mit den Plastiktruckmaedchen in Livingstone, liegt nun offensichtlich falsch. Das ist sehr bedauerlich. Ebenso wie die Tatsache, dass unter den insgesamt ueber 300 verschiedenen TV-Programmen, die die Bar vom Campingplatz empfaengt, keins das bloede Ding uebertraegt. Und dabei sind hier eine Britin, ein Ire und eine Deutsche, die sich gepflegt darueber amuesieren wollten. Meines Abendprogramms (auf das ich mich sogar fast gefreut hatte) beraubt, gibt es die zweite fruehe Nachtruhe in Folge. Michael erzaehlt mir einen Haufen Zeug. Das ist spannend, aber leider will er a) nicht hoeren, was ich so zu erzaehlen habe und b) merkt er nicht, wenn ich genug habe. Aber er hat eine Menge erlebt und gescheit ist er auch. Er hat 'nen Doktortitel in Geschichte oder so, und er kennt sich aus mit Zeug angefangen mit Literatur bis hin zu deuscher Politik (er wuerde die Linke waehlen, sagt er), und einige Sprachen spricht er auch. Leider sieht er hier mit seiner Zigarette und seinem Bier auf einer Matte im Gras von Sambia trotzdem aus wie ein... nun ja, wie ein Penner eben. Und er riecht auch weiterhin so, das ist so ziemlich mein groesstes Problem mit ihm. Aber in Livingstone wird er verschwinden - waehrend wir 4 Tage Aufenthalt dort haben, will er nach Great Zimbabwe fahren. Und wenn er dann wiederkommt, bin ich in einer neuen Gruppe.
Auf ebendiese Gruppe freue ich mich heute an Tag drei unserer langen Fahrt durch Sambia unbeschreiblich. Die Landschaft ist immernoch schoen, aber deutlich weniger spektakulaer als vorher, wird nun wuestiger, flacher, termitenhuegeliger, immer noch baumbestanden, aber die Erde sieht schon viel trockener und sehr rot aus, und es waechst hauptsaechlich robustes, pieksiges Gras, wie in Australien. Eine Halbtagesfahrt steht offiziell an, aber da wir zwischendrin mal eine halbe Stunde tanken und dann noch ueber eine Stunde irgendein mechanisches Problem fixen muessen (am Truck funktionieren inzwischen die Tuer, die Batterien und etwas drittes nicht richtig, wobei das dritte heute seinen Geist voellig aufgab und repariert werden musste), dauert es laenger. Sam hockt mal wieder vorne. Michael haut innerhalb einer Stunde sein Gespraechspensum fuer einen Tag raus und schweigt die uebrige Fahrt. Ich bin schon zehn mal durch alle Songs auf meinem MP3-Player durch, kann und will nicht schlafen (war heute schon um fuenf wach, frueh schlafen bekommt mir also nicht) und habe waehrend der Wartezeit bei der Truckreparatur auch saemtliche Kreuzwortraetsel schon geloest, die ich irgendwo finden konnte. Ich glaube wirklich, dass solche Touren zu dem werden, was sie sind, durch entsprechende Gesellschaft, mit der man die Erlebnisse teilt. Und heute wird mir mal wieder bewusst, wie sehr zumindest heute ich diese Gesellschaft vermisse. Irgendeine Gesellschaft. Aber entweder Sam ist immer noch krank, oder sie hat keinen Bock auf Michael, oder vielleicht auch nicht auf mich, jedenfalls ist meine Hauptgespraechspartnerin heute nicht zu sprechen. Ich hatte gehofft, jetzt, wo ich quasi allein bin, macht sie es zu ihrem Job umso mehr dafuer zu sorgen, dass ich mich wohl fuehle. Heute jedenfalls klappt das nicht. Mir ist unbeschreiblich langweilig, und die Landschaft, wenn auch noch so schoen, ist eintoenig und troestet mich nur wenig. Endlich, in der Daemmerung, kommen wir dann in Livingstone an. Hier schlafen wir in einem wirklich huebschen Camp direkt an den Ufern des Zambesi. Die Stadt Livingstone ist sechs, die Faelle etwa fuenf Kilometer entfernt - Transport dorthin sowie Mittag- und Abendessen muessen wir hier selber zahlen. Bevor wir ankommen, futtere ich deshalb schnell noch allen Kaese und alles Brot, was ich im Truck finde, um mir das erste Abendessen schonmal zu sparen - schliesslich haette das Camprestaurant da heute ein Monopol, und das ist echt teuer! Das mag daran liegen, dass es direkt auf Holzterassen in den Fluss gebaut ist, das hat natuerlich was. In einiger Entfernung sieht man die Gischt der Viktoriafaelle aufsteigen.
Ich habe mir sagen lassen, dass jetzt in dieser Jahreszeit genug Wasser da ist, um tatsaechlich einen Wasserfall zu formen - das ist offenbar nicht immer so. Der Nachteil ist, dass viel Wasser auch zu viel Gischt fuehrt, und diese wiederum die Sicht auf die Faelle selbst truebt.

An der Grenze habe ich ein Single-Entry-Visum gekauft. Das bedeutet, dass ich nicht vorhabe, nach Simbabwe zu gehen. Das ist hier ungefaehr so wie bei den Niagarafaellen (was machen bekannte Wasserfaelle immer an Grenzen?!) -auf der US/Sambiaseite befinden sich die Faelle, aber nur von der anderen Seite, aka Kanada/Simbabwe sieht man sie von vorn. Und dazwischen gibt es irgendwo eine Bruecke. Hier kann man offenbar auch ohne Visum auf diese Bruecke und sollte von dort einen ganz guten Blick haben. Nur fuer den Blick nach Simbabwe zu gehen, kostet neben dem Aufschlag fuer ein Double-Entry-Sambiavisum noch das Visum fuer Simbabwe sowie den Eintritt in den Park, insgesamt rund 100 Euro, in anderen Worten: Zu viel. Ich hoffe, dass ich auch von hier einen gescheiten Blick bekomme. Aber das werde ich erst morgen rausfinden.
Heute baue ich dafuer zum ersten mal ein Zelt auf. Zum einen, weil wir vier Naechte hier sind, zum anderen, weil hier viele diebische Affen herumrennen (und mich heute morgen ein Hund durch Lecken an meiner Nase geweckt hat und ich vermeiden moechte, dass das morgen frueh ein Affe tut :) ). Dann erkunde ich den Campingplatz und hocke mich auf eine Bootsanlegestelle aus Holz, um von dort aus den Sonnenunterhang hinter dem Zambesi zu betrachten. Einige All-you-can-eat-Cruiseboote schippern froehlich auf dem ruhigen Wasser, ungestoert der Tatsache, dass selbiges ein paar Meter weiter tosend ordentlich in die Tiefe stuerzt. Die gesamte Szenerie ist irgendwo zwischen dem Angelpark von Bergheim und dem Niagara Falls Park auf der US-Seite. Ich weiss, seltsame Mischung, aber so ist es!

Sam kennt mal wieder alle Leute und verschwindet an die Bar. Ich frage mich, welcher Anteil des von mir gezahlten Tourpreises ihr diesen ausladenden Alkoholkonsum ermoeglicht? Ich kauf mir nicht mal ein Wasser - wir haben ja einen Frischwassertank (und Saft, den ich stibitzen werde) im Truck. Ha! Und morgen frueh soll es warmes Buffetfruehstueck geben, da werd ich mich so dermassen vollfressen dass es bis zum Abendessen reicht. Und dann dafuer zu den Wasserfaellen zu Fuss gehen. Soweit der Plan. Allerlei komische Adrenalinaktivitaeten gibt es hier - ich will bisher keiner davon nachgehen. Aber eine Treppe runter in die Schlucht gibt es, und da will ich hin. Ich habe ja jetzt mehrere Tage hier, ich hoffe, die bleiben so schoen trocken und werden ereignisreich. Dienstag kommt der Truck, in den ich wechsle, u dann nach Johannesburg zu fahren. Und ich hoffe, dass ich dann endlich nette Gesellschaft bekomme. Drueckt mir die Daumen!

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