Karfreitag, 10:20. Ich bin zu spät, weil ich von meiner neuen Unterkunft nicht auf Anhieb den Weg zur Schule finde, oder zumindest nicht den kürzesten. Ich laufe eine Weile durch den Busch, einen traumhaft schönen Weg entlang, noch ein bisschen matschig vom Wolkenbruch am Morgen - doch das meiste Wasser ist schon wieder unter der erbarmungslosen Sonne verdunstet.
jede Menge gesponserte Farbe... |
und jede Menge freiwillige Helfer... |
gestrichen wird natürlich in Schulfarben! |
auch wir sind gelb-blau - und zufrieden mit dem Ergebnis |
Viele Eltern, deren Kinder mit Hilfe einer Patenschaft an der Schule lernen, sind gekommen, um sich durch ihre Unterstützung auf ihre Art zu revanchieren. Der Vater einer Schülerin, gut gekleidet mit Hemd und muslimischer Kopfbedeckung, bedankt sich bei mir ausladend für unsere deutsche Hilfe, und streicht derweil fröhlich neben einer Sekretärin an der einen, und der Schulköchin an der anderen Seite.
Mitten im Schulhof, unter den großen, Schatten spendenden Mangobäumen werden derweil aus Pappe und Kreppband von Lehrerinnen und Müttern bunte Anstecker für die morgigen Gäste gebastelt, und am Ende werden noch alle Türen mit schicken, neuen Etiketten versehen, damit man in Zukunft auch klar lesen kann, was sich hinter welcher Tür verbirgt.
Viele Hände - rasches Ende - getreu diesem Motto wird am frühen Nachmittag ein Karton Wasserflaschen und eine Runde Ugali (ungesalzener Maisbrei) mit irgendwas, das im Geschmack an deutschen Grünkohl erinnert, ausgegeben. Die Afrikaner sind begeistert, bei den
Deutschen hält sich die Freude in Grenzen. Ich persönlich finde, dem afrikanischen Essen merkt man immer noch an, dass es dazu entwickelt wurde, mit geringem finanziellen Einsatz (und leider auch geringem Einsatz von Gewürzen) lange und effektiv zu sättigen. Das geschieht am besten mit jeder Menge Kohlehydraten und Fett - und das will meinem Organismus irgendwie nicht so recht bekommen. Keine Ahnung, wie die lokale Bevölkerung so schlank bleibt, aber ich krieg das jedenfalls nicht hin - obwohl ich mich sehr bemühe, nicht ironischerweise dicker aus einem Entwicklungsland zurückzukommen, als ich hingeflogen bin. Das fände ich irgendwie unpassend.
Nach dem Essen jedenfalls entspannt sich das Arbeitstempo gewaltig. Aufräumen will niemand so wirklich, und es braucht eine etwas lautere Aufforderung dazu. Gegen drei verabschiede ich mich in meinen freien Karfreitags-Nachmittag, den ich vor einem Hotel am Strand verbringe - endlich mal wieder nach 10 Tagen! Nachdem mir elend viel Ölfarbe über die Arme gelaufen war, die nur mit Terpentin abzukriegen war, wogegen ich leider allergisch bin, tut die Abkühlung der juckenden Arme im Meer doppelt so gut.
Im Forum des Hotels stehen anlässlich der Osterfeiertage zwei Gehege, eins voller flauschiger, gelber Küken, und eines mit fünf angesichts der Außentemperaturen zu Recht hyperventilierenden Kaninchen. Ich hoffe, die landen im Anschluss an Ostern nicht im Kochtopf...
Ich meinerseits hatte meiner Gastfamilie versprochen, zum Einstand Abendessen zu kochen. Obwohl die sehr christlich sind, stört es sie nicht, Karfreitag Fleisch zu essen. Möglicherweise ist das bei Protestanten ja anders, aber um das zu wissen, war ich eindeutig nicht lang genug im Religionsunterricht. Jedenfalls verabschiede ich mich rechtzeitig vom Strand, um mein Thai-Kokoshühnchen vor halb acht fertig zu kriegen. Leider hatte ich nicht bedacht, dass wir nur einen afrikanischen Holzkohletopf haben, und deshalb Fleisch und Reis nur nacheinander gekocht werden können - und so dauert das Ganze deutlich länger als zu Hause auf dem schönen Ceranfeld. Kochen ist ja absolut meine Sache und ein großes Hobby von mir. Jetzt, nach fast drei Wochen ohne Kocher (d.h., Abendessen war entweder kalt oder auswärts) macht es richtig Spaß, wieder zu schnippeln und rühren, obwohl das offene Feuer die Küche schnell in einen Großraumbackofen verwandelt und ich bestimmt mehr Flüssigkeit ausschwitze, als ich am ganzen Tag getrunken habe. Aber es lohnt sich - das Essen wird lecker, und Kinder und Mama putzen alles weg. Das freut mich :) Favour, 6 Jahre alt, bemerkt, dass das Fleisch richtig zart ist. Ich hab Hühnerbrust gekauft - und das ist hier richtig teuer. Wenn es hier Fleisch gibt, dann normalerweise das ganze Tier (Fisch, komplett mit Kopf und Gräten) oder mehr oder weniger große Teile davon (ein Viertelhuhn, ein irgendwie zerkleinertes Rind, jeweils mit jeder Menge Fett und Knochen und ausgesprochen zäh). Das ist so absolut gar nicht meins, aber die Leute hier nagen begeistert solange daran herum, bis wirklich nur noch Knochen über sind, und selbst an denen nagt danach noch die ein oder andere abgemagerte Katze, die abends laut miauend durch Ukundas Restaurant- und Müllkippenszene flaniert. Meine Hühnerbrust jedenfalls ist Luxus - heute auch für mich. Und den hab ich genossen.
Chefin in der Küche! |
Heute Abend bin ich Babysitterin, weil alle anderen, volljährigen Bewohner des Hauses aus verschiedenen Gründen ausgeflogen sind. Die Kinder schlafen drüben schon dem morgigen Tag und der großen Schulfeier entgegen, und ich freue mich in Ruhe mal wieder vor einem PC zu sitzen. Hoffentlich regnet es heute Nacht, denn letzte Nacht hab ich meinen Deckenventilator der alten Wohnung schon schwitzend vermisst...
Ich wünsche euch allen eine gute, wohl temperierte Nacht!
Eure Ivy
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