Mittwoch, 18. April 2012

Mzungu

Ich weiss nicht, ob sich der ein oder andere von euch mal gefragt hat, wie es fuer einen Schwarzen (oder Maximalpigmentierten, oder Mitbuerger mit afrikanischem Migrationshintergrund oder wie auch immer das zur Zeit gerade politisch korrekt heisst) ist, in Westeuropa ueber die Strasse zu laufen. Ich glaube inzwischen, angenehmer, als fuer einen Weissen hier. Denn bei uns zeigt glaub ich keiner mehr auf diese Leute und ruft "Schwarzer!", oder sogar das boese Wort mit N, oder sonst irgendetwas, so laut, dass die Person es hoert, und mit einem Tonfall, als laufe eine Zirkusattraktion durch den Ort.
Jedenfalls weiss ich inzwischen, wie es ist, herumzulaufen und sich zu fuehlen, wie ein bunter Hund, und nichts dagegen tun zu koennen.
Man lernt schnell, das Wort "Mzungu" herauszuhoeren aus dem Suaheligemurmel der Einheimischen, denn es ist das, was die meisten Leute, die Kinder, die Ladenbesitzer sagen, wenn man vorbeilaeuft, sie einen sichten und manchmal mit dem Finger zeigen. Meine gute Freundin, Frau Wiki Pedia, uebersetzt den Begriff woertlich mit "zielloser Wanderer', und meint, es waere die allgemeine Bezeichnung fuer Auslaender. Letztendlich laeuft es aber darauf hinaus, dass es nur die Weissen sind, die so genannt werden.
Am Anfang fand ich es niedlich, wenn die kleinen Kinder auf der Strasse gelaufen kamen und "Mzungu Mzungu" riefen, um die Geschwister anzulocken oder einfach, weil ich vielleicht ein nicht alltaeglicher Besuch war. Aber allmaehlich finde ich, dass mit zunehmender Dauer des Aufenthalts der Begriff immer mehr beginnt zu nerven. Wenn der Kassierer im Matatu mich am Arm packt, auf einen anderen Platz zeigt und mir sagt "Eh, Mzungu, go sit there", dann komme ich mir schon irgendwie diskriminiert vor gegenueber anderen Anreden wie "Madam" oder meinetwegen auch "Mama", die sonst so benutzt werden.
Als Weisser rennt man ohnehin schon mit einem unsichtbaren Schild auf der Stirn herum, auf dem geschrieben stehen muss "Hallo, hier bin ich, ich habe Geld, und ich kann es kaum erwarten es hier in grossen Mengen zu verteilen", jedenfalls nach der Art zu urteilen, nach der die erwachsenen Benutzer des Wortes Mzungu auf einen zugehen. Und jeder Fingerzeig verknuepft mit diesem Wort klingt so nach einem Hinweis auf dieses Schild, und ich beginne mich unwohl zu fuehlen.
Zum Glueck sind nicht alle so. Und ich glaube nicht mal, dass die meisten es boese meinen. Aber wenn man bei uns aufgewachsen ist und staendig die Debatten ueber Political Correctness, Nichtdiskriminierung und Gleichberechtigung mit anhoert, dann ist es schon seltsam, sich ploetzlich auf der anderen Seite zu befinden.
Zum Glueck besitzen wir Koelschen ja so etwas wie Selbstironie, und genauso, wie die Schwarzen in der Bronx sich selbst mit dem boesen Wort mit N bezeichnen duerfen, ist es auch vollkommen ok, sich selbst Mzungu zu nennen, wenn man eben einer ist - und ds ist ja nun eindeutig der Fall. Deshalb heisst auch der Blog so. Und deshalb sage ich dem Typen im Matatu auch, ich moechte einmal fuer zwei Mzungus bezahlen, bitte. "Du bist kein Mzungu", sagt er dann lachend zu mir, "du siehst aus wie eine von hier. Eine weisse Afrikanerin". Und er gibt mir soviel Wechselgeld zurueck, dass ich den gleichen Preis zahle wie die Einheimischen. Find ich gut.

1 Kommentar:

  1. Hallo Ivy, finde deinen Block gut geschrieben.
    Wie geht es Dir? Melde dich doch mal bei uns.
    schiffer@web.de

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