Vorneweg: Es ist nicht
so, dass hier das Essen das einzige Highlight des Tages ist (eher im
Gegenteil), nur weil ich so viel davon schreibe. Aber zum einen ist Kochen (und
Essen) ja mein Hobby, und zum anderen finde ich, dass die Küche eines Landes
ein integraler Bestandteil ist, über den man sich der Kultur nähern kann, neben
zum Beispiel auch Sprache, Religion und Musik.
Nun ist es so, dass die
kenianische Speisekarte in etwa auf einen Bierdeckel passt (also ungefähr so,
wie sich das der Herr Professor Kirchhoff für die deutsche Steuererklärung
vorgestellt hat). Vermutlich bin ich nicht die einzige, die sich wünschen würde,
dass es umgekehrt wäre, und das kulinarische Spektrum Kenias den Umfang der
deutschen Steuererklärung hätte (und andersrum). Aber das Leben ist kein
Wunschkonzert – und die Schulküche auch nicht. Nachdem ich gestern meine
deutschen Mitbewohnerinnen vor Ugali und Grünkohlsubstitut retten konnte,
landet genau das heute auf meinem Teller. Und ich hatte so auf Chapatis
gehofft, die es mittwochs hier sonst immer gibt…
Chapatis bestehen aus
einem Teig aus Weißmehl und Wasser mit Salz, und dieser wird dann ausgerollt
und unter Verwendung von Unmengen von Fett über dem offenen Feuer ausgebacken. Übersetzt
wird das Ganze mit Fladenbrot, aber das wird der Sache nicht gerecht. Eher
schmeckt es wie in flüssiger Butter frittierte Gyros-Pita-Taschen, oder
zumindest stelle ich mir es so vor, denn ich frittiere in der Regel keine
Pitataschen. Man überlege sich, dass eine arme Person das jeden Mittwoch für über
400 Kinder und ein Kollegium zubereitet, dessen Mitglieder mehr als einen
derartigen Fladen zum Mittag verspeisen. Ich wollte nicht tauschen…
das Corpus Delicti in Nahaufnahme |
Vermutlich ist es auch
deshalb einfacher, Ugali zu machen. Man muss einfach nur sandiges Wasser
erhitzen und Maismehl darin stocken lassen – nicht mal Salz wird benötigt.
So wenig, wie die Leute
hier verstehen, dass ich Kartoffelpüree vermisse, kann ich mir vorstellen, dass
irgendjemand Ugali vermissen würde, wenn dieser jemand in ein anderes Land führe.
Aber die essen das Zeug wirklich gerne! Ich nehme an, dass dieses Phänomen auf
frühkindliche Erfahrungen im Sandkuchenbacken und – essen zurückzuführen ist
(ich sehe hier des Öfteren einige Kinder, die unseren Schulhofbelag
verspeisen), und wir Deutschen das nicht haben, da unsere Mütter uns immer
davon abgehalten haben, den Sand damals wirklich runterzuschlucken, und wir
damit nun “pfui” assoziieren.
Aber ganz im Ernst: Ich hätte
nicht gedacht, dass man sich eine Abneigung gegen etwas aneignen kann, das
schlicht und ergreifend nach gar nichts schmeckt. Damals in Australien hatte
ich das mit gekochtem Kürbis – und ich erinnere mich, dass ich den Geschmack
als “wie nasses Mehl” bezeichnet habe. Jetzt wäre ich froh, wenn Ugali
wenigstens nass wäre. Ist es aber nicht. Es ist eine Masse, aus der man sicher
Häuser bauen könnte, die stabiler wären als die, die hier stehen, aus welchem
Material die auch immer sind – jedenfalls halten sie nicht länger als ein
Jahrzehnt, und überall am Strand stehen Hotelruinen als Zeugen.
"begeisterte" Esser |
Ich bin ein großer Gegner
der Verschwendung von Essen. Wenn ich darüber nachdenke, dass in unserer
westlichen Welt 50% der erzeugten Lebensmittel weggeworfen werden, obwohl nur ein
Bruchteil davon tatsächlich ungenießbar ist, werde ich krank, und das ist auch
der Grund, warum ich niemals in einem Restaurant arbeiten will. Aber heute
lasse ich mein halbes Ugali stehen (das schlechte Gewissen hält sich in
Grenzen, weil der Müll hier die ganzen Tiere ernährt, also wird es irgendwem
vielleicht besser schmecken als mir). Heute Abend soll es zur Verabschiedung
der deutschen Mädels Pilau geben, dafür kann man sich dann schon mal etwas
Platz freihalten. Gestern hatte ich gekocht, wie gesagt, und zwar Spaghetti mit
Tomaten-Paprika-Thunfischsauce. Nachdem die Gastmama schon drohend die Packung
Maismehl bereitgestellt und dieses seltsame, grüne Grünkohlgemüse (dessen Namen
ich immer noch nicht kenne) in unserer Kleidungs-Waschschüssel eingeweicht
hatte, schlugen die beiden deutschen Mädels Alarm, die nicht wie ich das Glück
hatten, das Wochenende in einer Ferienanlage mit Köchin (und ohne Ugali) zu verbringen.
Dementsprechend sind die Spaghetti für jeden Beteiligten das reinste
Weihnachtsessen, und das ohne Fleisch. Der zweijährige Gift patscht mit der
offenen Hand genüsslich in der Tomatensauce und trägt weiter dazu bei, dass
man, würde man den Wohnzimmerteppich auskochen, eine ganze Legion mit einer
sicherlich geschmackvollen und reichhaltigen Suppe würde ernähren können.
Mit Ugali wäre das nicht passiert.
Mit Ugali wäre das nicht passiert.
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