Dienstag, 10. April 2012

Memory

mein kleines Memory-Spiel



Ein letztes Mal Erwachen im Paradies... dann geht es weg von der Ferienküste und zurück ins wahre Leben in Ukunda. Ich fahre in die Schule, denn ich bin ja einigermaßen gewissenhaft. Dort herrscht heute eine seltsam leere Atmosphäre – die Kinder sind weg, bis auf die paar Schüler der achten Klasse, die zum Förderunterricht kommen, und die Lehrer, die diesen geben. Sie kommen am Morgen, warten ab, bis sie dran sind, und gehen dann heim. Es hatte geheißen, ich sollte diese Woche unbedingt noch in die Schule kommen, es gebe viel zu tun (Termabschluss eben, Zeugnisse, Statistiken etc, alles am PC, und die Leute haben inzwischen rausbekommen, dass ich deutlich schneller tippe als sie). Aber es ist Stromausfall, und niemand hat etwas zu tun für mich (oder sich selbst). Ich besorge mir Stifte und Papier und setze mich in den leeren Raum der Baby Class und bastle ein Memory für den Kindergarten.

Als ich klein war, hatte mir meine Mutter in mühevollster Kleinarbeit ein Spiel gebastelt, bei dem es ähnlich darum ging, zwei gleiche Bilder zu finden und zusammenzufügen, nur das eines dabei schon aufgedeckt war. Daran denke ich während der Arbeit und ich vermisse sie ein bisschen – solche Basteleien machen wir oft gerne zusammen für ihre eigene Schulklasse. Damals, für mich, hatte sie alle Motive ausgeschnitten und aufgeklebt und bestimmt ein Jahrhundert gebraucht – ich brauche einen Vormittag, da ich die Bildchen nur male. Um 16 Uhr ist, eine Stunde früher als sonst, allgemeine Aufbruchstimmung. Ich fahre nach Ibiza und lasse mein Memory laminieren. Für den Preis hätte ich auch eins kaufen können. Aber genau wie bei dem Spiel von meiner Mutter damals finde ich: Selbstgemacht kommt einfach noch ein bisschen mehr von Herzen. Ich hoffe, die Kinder freuen sich.

Nicht viel ist sonst passiert heute... bis auf eine Sache. Das erste Mal hat ein Kleinkind, an dem ich auf dem Heimweg vorbei kam, im Angesicht meiner Erscheinung so angefangen zu weinen, dass es sich nicht mehr beruhigen wollte. Seine Geschwister waren, wie die meisten anderen Kinder, lachend herbeigelaufen gekommen und hatten mich begrüßt und das Kleinste auf dem Arm mit sich getragen. Und das schaute mich an und verzog im selben Moment so unglücklich das kleine Gesicht, dass ich mir vorkam wie ein Ungeheuer; es versteckte sich hinter der Schwester, lugte dann wieder hervor und heulte dann vor Angst laut auf. Das Schauspiel wiederholte sich eine Weile, und ich erinnere mich, wie wir im Kindergarten dieses Spiel gespielt haben, bei dem es am Anfang immer heißt „Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann?“ Ob es das hier mit dem weißen Mann gibt?
Wie kommt es, dass ich mich heute so arg an meine Kindergartenzeit erinnere? Vielleicht färbt die eine Woche Arbeit in der Grundschule schon ab. Jedenfalls trägt dieser Post heute zu Recht den Titel „Memory“.






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