Donnerstag, 12. April 2012

The simple life



Es gibt ausgesprochen wenige Momente, in denen ich mir wünsche, Paris Hilton zu sein, wirklich. Aber heute denke ich mir, wenn ich so dumm und blond und berühmt und zickig wäre wie sie, dann könnte ich mich dabei filmen lassen, wie ich hier lebe, und würde damit eine Menge Geld verdienen, ohne irgendetwas Besonderes zu tun. Oder noch besser, die ganzen Leute hier könnten das tun – aber bedauerlicherweise interessiert es ja keinen, wenn ein ganzer Kontinent mit einer Millarde Einwohnern ein „simple life“ führt, wohingegen das bei einem einzelnen verzogenen, amerikanischen Püppchen ein irrsinniges Medienspektakel ist.
Ich wasche übrigens gerade. Während ich dusche, stehe ich mit den zuvor geschrubbten Füßen in einer Schüssel und trample in meinen dort in Waschmittel eingeweichten Klamotten herum. Das hat sich als effiziente sowie Zeit und Wasser sparende Methode herausgestellt. Danach wringe ich den Kram aus und packe ihn zum Trocknen auf die Leine, obwohl ich weiss, dass es garantiert heute Nacht wieder regnet und die Sachen alle erneut nass werden. Aber eine überdachte Leine gibt es eben nicht.
In unserem Klo ist die Glühbirne kaputt, und die Leute gehen inzwischen mit einer Stirnlampe hinein. Immerhin hatte ich noch eine Rolle Klopapier aus der alten Wohnung, sonst hätte es ein Problem gegeben. Der Klemptner war endlich da, und hat den Wasserhahn der Küche repariert, der vier Tage lang ununterbrochen ein dünnes Rinnsal ausgespuckt hatte. Leider war er zu gründlich, und jetzt läuft gar kein Wasser mehr. Der Reis wird in der Dusche gewaschen, gleich nachdem ich dort mit meinen Klamotten fertig bin. Fasziniert beobachte ich, wie eine dicke Kakerlake aus dem Überlaufloch des Waschbeckens krabbelt und die Zahnbürsten inspiziert (meine bewahre ich zum Glück in einer Plastiktüte auf).
Mir hat jemand gesagt, wenn ich seine Tochter wäre, würde ihm bei diesen Geschichten schlecht. Aber warum? Ich finde es ziemlich cool zu sehen, mit wie wenig man eigentlich zurecht kommt. Und da ich nicht Paris Hilton bin, kreische und heule ich auch nicht rum, sondern ich passe mich eben an, und das geht prima. Natürlich mag ich mein Bett daheim und die Glasscheibe im Fenster, eine Kakerlake im Bad würde mich dezent stören und nach wie vor steht die Spülmaschine ganz oben auf der Liste der Dinge, die mein Partner und ich uns für die gemeinsame Wohnung wünschen. Aber das ist weit weg, auf einem anderen Kontinent, und hier bin ich eben die Ivy, die in Afrika wohnt, mit allem, was dazu gehört. Ich würde so einen Urlaub jedem empfehlen, der dazu neigt, sich über zu viele Kleinigkeiten aufzuregen. Hier ist das alles entspannter. Der Strom ausgefallen? Dann wird die Kerze angemacht, ist eh romantischer. Das Kind schmeißt die Teetasse um? Lachen und aufwischen. Parkett haben wir ja keins. Kopfkissen? Überbewertet. Zudecke? Zu warm. Bügelbrett? Bett tuts auch. Füße schmutzig? Dauerzustand. Krank bin ich noch nicht geworden. Kein Kind hier hat Allergien. Genau wie Paris Hilton muss ich hier ja nicht dauerhaft bleiben. Warum also stellt sie sich so an?

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